Kaum ein anderes Produkt in der Energiewirtschaft wird thematisch die Zeit bis 2030 so beherrschen wie der Wasserstoff und die Lithium-Ionen-Batterie. Denn um fluktuierende Stromquellen wie Wind und Sonne dauerhaft nutzbar zu machen bedarf es Zwischenspeicher. Für vergleichsweise kurze Speicherzeiten und einigen Megawatt Leistungen sind Batterien (Akkumulatoren) prädestiniert, wohin gegen saisonale Speicher unter anderem durch Wasserstoff dargestellt werden können.
In allen Industriestaaten und Staatengemeinschaften sind Programme aufgelegt worden, um einerseits die Versorgung mit den benötigten Rohstoffen und andererseits den notwendigen Produktionsverfahren sicher zu stellen. Im Vordergrund steht langfristig eine Abkopplung von wenigen Monopolisten. und Sicherstellung der Produktionsfähigkeit (Beispiel: Kobalt).
Auch die Europäische Union hat einige Allianzen auf den Weg gebracht, um die Herstellung ausreichend vieler Batterien für Verkehr, Energieversorgung, Telekommunikation und Industrie sicher zu stellen.
European Raw Materials Alliance (Teil der EU Industrial Strategy)
In dieser Alliance wird versucht, auf Rohstoffe und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten innerhalb des europäischen Raums zurück zu greifen. Unter anderem in Spanien, Portugal und Norwegen, in geringem Umfang auch in Deutschland gibt es Lithium-Vorkommen.
In dieser Vereinigung von Universitäten und Industrie wird versucht, die Batterieentwicklung UND Fertigung innerhalb von Europa massiv voran zu bringen. Dazu gehören auch völlig neue Entwicklung wie die SALD-Batterie oder solche Batterien, die ohne Lithium auskommen (z.B. mit Alumnium).
Allen internationalen Beteiligten ist klar, dass die Europäische Union einer der Orte sein wird, der am stärksten die Elektromobilität voran bringt und deshalb auch einen starken Wachstumsmarkt für die entsprechenden Rohstoffe darstellt.
Bislang war Australien einer der wichtigsten Lieferanten für zwei wesentliche Bestandteile der Lithiumionenbatterie: Lithium und Graphit (Kohenstoff). Während Lithium schon länger im Fokus steht (u.a. wegen der angeprangerten Abbaubedingungen in Chile/Argentinien), rückt Kohlenstoff erst jetzt deutlicher ins Licht. Denn bislang (Frühjahr 2021) wird Carbon Black vor allem als Zuschlagstoff in Kunststoffen oder für Autoreifen benutzt. Doch hochreiner, sphärischer Kohlenstoff wird auch massenhaft bei der Batterieproduktion benötigt. Als in der EU rares Gut ist er daher auch auf die Liste der Produkte gerückt, bei der eine Abhängigkeit von anderen Staaten reduziert werden soll. (Eine vollständige Liste der kritischen Rohstoffe findet man im Bericht der Europäischen Kommission vom Sept. 2020)
Die Methanpyrolyse zur Herstellung von Wasserstoff, den man als Energiespeicher benötigt, hat den Charme, dass bei dem Prozess reiner Kohlenstoff produziert wird (Aufspaltung von CH4 in 2x H2 und C). So werden - als Übergangslösung - aus einem fossilen Rohstoff (Erdgas) oder aber primär aus z.B. Faulgasen von Kläranlagen (Hazer Group, Australien) zwei begehrte Rohstoffe gewonnen.
Andere Komponenten der Batteriechemie wie Kobalt (> 60% der Weltbroduktion Kongo), Mangan oder Nickel sind ebenfalls wichtige Werkstoffe. Besonders den Kobaltgehalt versucht man zu reduzieren, um die Abhängigkeit von ganz wenigen Lieferanten (Kongo, Russland, Australien) und von einer relativ geringe Jahresproduktion bezogen auf den steigenden Bedarf zu reduzieren. Nickelreiche Batteriechemie ist dazu zwar ein Ausweg, doch sind solche Batterien wesentlich empfindlicher gegenüber hohen Temperaturen oder falscher Ladung/Entladung. Andere Batteriechemie hat nicht die Speicherkapazität oder Hochstromfähigkeit. An passenden Lösungen wird derzeit intensiv geforscht (siehe TESLA mit einigen schrittweisen Verbesserungen oder Solid-State-Batterien von QuantumScape).
Ein weiterer wichtiger Baustein für kritische Rohstoffe ist die verstärkte Einführung der Kreiswirtschaft. Statt immer mehr Abbau zu fördern, soll zukünftig die Wiederverwertung gestärkt werden, um natürliche Ressourcen zu schonen. Firmen wie Umicore in Belgien sind dabei Vorreiter, die in den vergangenen zwei, drei Jahren Nachahmer (z.B. Duesenfeld) gefunden hat.
(Juni 2021)
Das europäische Förderprogramm M-era.Net hatte am 15. März 2021 einen Call für die Einreichung förderfähiger Vorschläge vom Forschungszentrum Jüllich (Projektträger in Dtld) veröffentlicht. Die Einreichungsfrist lief bis zum 15. Juni 2021. Der Förderaufruf enthielt sechs Punkte, um die europäische Batterieforschung zu unterstützen und voran zu bringen:
- Modellierung für Werkstofftechnik, Verarbeitung, Eigenschaften und Haltbarkeit
- Innovative Oberflächen, Beschichtungen und Grenzflächen
- Hochleistungsverbundwerkstoffe
- Funktionsmaterialien
- Neue Strategien für fortschrittliche, materialbasierte Technologien für Gesundheitsanwendungen
- Materialien für die additive Fertigung
Das Kompetenznetzwerk KLIB fasst deutsche Akteure der Zell- und Batteriefertigung über den gesamten Wertschöpfungspfad zusammen. Das reicht von der F&E (Jülich, KIT, RWTH,ZFW...) über die Batteriematerialien/Komponenten bis zur Zell- und Batteriefertigung sowie dem QS-Equipment und den Endanwendern.
Nach massiven Zuwächsen in den wichtigsten Industrieländern in 2018 hat sich in vielen Bereichen der Zubau an elektrochemischer Speicherkapazität verlangsamt. Der erfolgreiche Test des 100MW-Speichers von Tesla in Australien hat inzwischen zu weiteren solchen Grid-unterstüzenden Projekten geführt. Dennoch verlangsamt sich das Tempo merklich.
Ausnahme davon bilden die Heimspeicherlösungen. Hier ist Deutschland 2019/2020 mit dem Ausbau nach wie vor weltweit führend. Nachdem die Förderung für direkt eingespeisten Solarstrom kaum noch rentabel ist, werden nur noch solare Dachanlagen mit Speicher gekauft.
Firmen, die solche Heimspeicher / Gewerbeanlagen liefern:
Weitaus häufiger wie Lithium findet sich Natrium in der Natur. Gewöhnliches Meersalz besteht aus einem Chlor- und einem Natriumatom und steht damit in nahezu unbegrenzter Menge zur Verfügung. Die hohe Reaktivität von Natrium bei Anwesenheit von Wasser behinderte bisher die Verwendung.
Seit kurzen werden solche Batterien von der Firma Faradion (in Partnerschaft mit AMTE, dem größten britischen Akkuhersteller) und der chinesischen Firma CATL, weltgrößter Hersteller von Akkumulatoren, angeboten.
Bis 2023 soll die Energiedichte und die Haltbarkeit der Natrium-Ionen-Akkus an die von Lithium-Eisenphosphat-Akkus heranreichen. Der Vorteil: sie sind kälteresistenter, weniger hitzeempfindlich und verwenden weder Lithium noch Kobalt. Da sie vollständig entladen werden könne, sind sie außerdem beim Transport kein Gefahrgut.
Nach unterschiedlichen Studien geht man davon aus, dass Produktion und Nachfrage für Lithium zur Batterieproduktion zwischen 2022 und 2025 ein Gleichgewicht erreichen - danach wird der Preis für das knappe Gut sehr viel teurer werden. Da kommen Natrium-Ionen-Batterien wie gerufen. Doch es wird noch etwa 2 Jahre dauern, bis die Produktion im Gigawattbereich startet. Vorteilhaft ist, dass man viele Produktionsschritte und Materialien aus der LION-Batterieproduktion übernehmen kann. Der Entwicklungsvorsprung bei den LION-Batterien ist dennoch erheblich, bietet jedoch dadurch noch viele Optimierungsmöglichkeiten bei der Natrium-Ionen-Batterie.
©Juni 2021, Gerald Friederici