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Man muß nicht alles wissen! Nur, wo es steht!

Lohnt sich eine europäische Batteriefertigung überhaupt noch?

Im Jahr 1990 kosteten Solarmodule noch rd. 30.000 DM (ca. 15.000 Euro) pro kWp. Bereits 1999 hatten sich die Preise halbiert und heute sind dank der industriellen Massenproduktion die durchschnittlichen Kosten auf nur noch etwa 390 Euro/kWp gefallen. Auch die Preise für Fahrzeugbatterien sind signifikant gefallen. Zahlte man im Jahre 2010 noch über 600 EUR pro Kilowattstunde für Lithium-Ionen-Akkus, sind es heute 90% weniger. Und das bei gestiegener Energiedichte, Lebensdauer und Zyklenfestigkeit.

Unabhängig davon, dass die Zahlen je nach Quelle und den betrachteten Techniken durchaus signifikant schwanken – eines haben alle Darstellungen gemeinsam: Die Preise für Solarmodule und Lithiumionen-Batterien sind heute so günstig wie nie zuvor.

In beiden Beispielen hat diese Entwicklung damit zu tun, dass durch das Hochskalieren die Produktionskosten signifikant gefallen sind. Allerdings sind die Herstellungskosten nicht allein abhängig von den Rohstoffkosten und den firmeninternen Produktionskosten.

Unterschätzter Faktor Produktionserfahrung

Die Investition in eine Gigafabrik zur Herstellung von Batteriezellen ist extrem teuer und liegt bei mehreren Milliarden Euro Investitionssumme. Doch mit dem Aufstellen einer solchen Fabrik ist es nicht getan. Die Lernphase, in der alle Prozesse aufeinander abgestimmt werden müssen, verschlingt nochmals viel Geld und Zeit. Eines der wichtigsten Ziele dabei ist eine geringe Ausschuss-Rate (scrap-rate). Denn neue – europäische - Produktionsstätten für Batterien müssen mit einer lange etablierten und sehr gut aufgestellten Konkurrenz mithalten können. Ein wesentlicher Schlüssel dafür ist die Qualität der Batterien und eine möglichst fehlerfreie Fertigung. Dies gelingt weder gleich noch mittelfristig bei einer so komplexen Anlage wie einer Batteriefertigung im Gigawatt-Bereich. Denn obwohl Deutschland und Europa über einen gut ausgebildeten Maschinen- und Anlagenbau verfügt, gibt es in diesem Bereich keinerlei großtechnische Erfahrungen. Gegenüber den asiatischen Produzenten entspricht das fast einem Start bei Null Prozent Produktionserfahrung.

Rohstoff Lithium

Die Preise für Lithium sind nach dem Ende der Rekordfahrt im Jahr 2022 von 80.000 Euro/Tonne inzwischen auf 13-15.000 Euro/Tonne gefallen. Das macht nicht nur die Produktion von Lithiumionen-Batterien günstiger, es stellt auch ehrgeizige Projekte der Europäischen Union vor Probleme: In einem bereits massiv China-dominierten Markt sind bei fallenden Preisen europäische Bergwerksprojekte und Refining-Anlagen zur Aufbereitung von Lithiumhydroxyd zusätzlich unter Kostendruck.

Vorsprung Erfahrung

Der jahrzehntelang gewohnte Vorsprung der deutschen Automobilindustrie beruhte maßgeblich auf der langen Vergangenheit dieser Massenproduktion. Effiziente Abläufe in den Unternehmen, eine intensive, begleitende Forschung und der Aufbau eines sehr hohen Prestiges halfen dabei, insbesondere deutsche Autos weltweit vermarkten zu können. Einen wesentlichen Beitrag zu dem Erfolg lieferten dabei auch die eingespielten Lieferketten. Von den Rohstoffen bis zu den Tier 1 – Lieferanten bestanden oft über Jahrzehnte aufrecht gehaltene und eingespielte Handelsbeziehungen.

All diese „Vorteile“ bildeten die Basis für einen kaum einholbaren Vorsprung. Diesen gibt es auch bei der Batteriezellen-Herstellung – allerdings in Asien. CATL beschäftigt nahezu 20.000 Mitarbeiter nur im Bereich der Forschung und Entwicklung. Ihre Erkenntnisse in Bezug auf die Zellchemie aufzuholen ist mit der deutschen Förderpolitik kaum möglich: der Haushaltsentwurf für 2025 sieht sogar Mittelstreichungen bei der Batterieforschung vor.

So bleiben die wenigen europäischen Gigafactories wohl vor allem eines: Der Versuch, eine gewisse Resilienz gegenüber zukünftigen weltpolitischen Entwicklungen sicher zu stellen.

Herausforderndes Marktumfeld

Dass der Marktdruck in China selbst hoch ist, zeigen nicht nur die Pleiten im Bereich der Elektrofahrzeug-Hersteller, sondern auch minimale Gewinnmargen bei den großen Wafer- und Modulherstellern in der Solarbranche. Auch die große Anzahl an Batterieherstellern wir in den kommenden Jahren Firmenschließungen erleben, denn eine Fertigung nah der Grenzkosten können nur wenige Unternehmen ausreichend lange durchhalten. Dies bedacht ist auch für jede europäische Batterieproduktion eines klar: Es wird ein großes Durchhaltevermögen erfordern, bis eine Batteriefertigung annähernd kostendeckend arbeitet und dann sogar Gewinn erwirtschaftet. Nicht erfolgreiche Beispiele sind Northvolt, SVolt, Quantumscape oder die 2. Gigafactory von ACC in Kaiserslautern, die entweder bereits insolvent sind oder maßlos hinter ihrem einst vorgestellten Zeitplan hinterherhinken.

Zusätzlich verschärft die mangelnde Nachfrage an Elektrofahrzeugen - namentlich solchen, die auch für den Normalverdiener attraktiv sind - die aktuelle Situation für die Batterieproduzenten. Dies kann man deutlich an der Verschiebung der Grundsteinlegung oder der Fertigstellung zahlreicher Gigafactories in Europa erkennen. Der "Batterieatlas" der RWTH Aachen ist dazu eine interessante Quelle: Das PEM an der RWTH

Hoffnung auf Cell-to-Pack Fertigung - ein Irrtum?

Eine Hoffnung in Europa ist, durch die extrem niedrigen Preise für Lithium-Akkus im Cell-to-Pack Bereich eine Nische zu finden, die noch zu besetzen ist. Allerdings haben auch asiatische Zellhersteller längst verstanden, dass sie in diesem Bereich noch Geld verdienen können. Vorreiter ist dabei der Batterie- und Autohersteller BYD, der seine Blade Battery sogar direkt in die Struktur des Fahrzeuges integriert (Cell-to-Vehicle).

Doch gerade im Bereich der leichter zu standardisierenden Heimspeicher und netzdienlichen Megawatt-Speicher beginnen die chinesischen Anbieter den Markt zu fluten. Dabei spielt die lange vom Westen als heilsbringend angepriesene „Solidstate-Batterie“ mit ihrer hohen Energiedichte und Sicherheit keine Rolle mehr. Die Lithium-Eisen-Phosphat-Akkumulatoren haben durch ihre Weiterentwicklungen eine beachtliche Energiedichte erreicht, sind kostengünstig, sind vergleichsweise betriebssicher, haben eine enorme Zyklenfestigkeit und werden in großskaligen Produktionen mit geringen Ausschuss-Raten gefertigt.

Alternative Batteriekonzepte

Diese günstigen und leistungsfähigen LiFePo-Batterien erschweren auch massiv die Skalierung von alternativen Batterietechnologien. Namentlich die Natrium-Batterie (Salzwasserbatterie) erschien eine Zeitlang als ideale Lösung. Doch seitdem der Preis für Lithium um das 6-7 fache wieder gefallen ist, haben es Entwickler dieser Batterien schwer. Die geringere Energiedichte erfordert bei gleicher Speicherkapazität mehr Batteriezellen, mehr Gehäuse, mehr Elektronik und mehr Produktionskapazität – ob das durch die geringeren Rohstoffpreise aufgefangen werden kann, darf bezweifelt werden.

Um jedoch einen positiven Blick in die Zukunft zu behalten: Der Preisverfall auf dem Solarmarkt und bei den Preisen für Batterien erleichtert Europa den Umstieg auf regenerative Energien. Und solange die Produktionskapazitäten in China sehr deutlich über dem Eigenbedarf liegen, darf man weiter auf diese „Hilfe“ bei der Energiewende hoffen.