Geht es nach VW, soll die optimale Batterietechnik für die Elektromobilität schon kommendes Jahr verfügbar sein. Denn Festkörperbatterien versprechen minuten-schnelles Laden, enorme Zyklenfestigkeit und hohe Betriebssicherheit. Damit würde man alle bisherigen Lithium-Ionen-Techniken für wiederaufladbare Batterien über den Haufen werfen. Doch bis dahin sind noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen.
In Solid-State-Batterien ist nicht wie in üblichen Akkumulatoren ein flüssiges Elektrolyt enthalten. Anders wie in Schwefel-Blei-Batterien, Nickel-Metallhydrid oder Lithium-Ionenbatterien erfolgt hier der ladungstragende Ionentransport durch einen Festkörper (Keramik, Polymer) hindurch. Das hat Vorteile für den Betrieb, denn es kann sich kein brennbares Elektrolyt (herkömmliche LION-Zellen) entzünden oder auslaufen. Auch ist der zulässige Bereich der Betriebstemperatur weitaus größer, was eine aufwändige Kühlung/Heizung überflüssig machen würde. Ausserdem kommt dieser Batterietyp ohne das seltene Element Cobalt aus und wären relativ leicht zu recyclen.
Festkörperbatterien besitzen zudem eine hohe Energiedichte, was bedeutet, dass man Solid-State-Batterien gut miniaturisieren kann (Wh/Liter). Allerdings fehlt es bislang noch an einer hohen Leistungsdichte. Oder mit anderen Worten: Große Ströme für hohe Leistungsspitzen können nicht entnommen werden.
Doch die Vorteile der Feststoffbatterien sind verlockend. Deswegen forschen nahezu alle OEM mit Partnern zusammen an der Lösung des Problems der geringen Ionenleitfähigkeit bei den Festkörperbatterien.
Bereits seit 2012 arbeitet VW mit dem Hersteller QuantumScape zusammen und pumpte dieses Jahr erneut 200 Mio. US-Dollar in das Unternehmen, das Hunderte Patente zur Solid-State-Technologie hält. Doch auch VW sieht den Einsatz dieser innovativen Batterietechnologie erst in der übernächsten Generation Elektrofahrzeuge. Derzeit baut VW mit dem schwedischen Lithium-Ionen-Hersteller Northvolt zusammen in Salzgitter ein Batteriewerk für bis zu 16 GW Kapazität Flüssigelektrolyt-basierter LION-Batterien auf.
Der Zugewinn an Reichweite und Betriebssicherheit ist jedoch so beträchtlich, dass man auch bei dem Münchner Hersteller BMW (Kooperation mit Solid Power) und bei Mercedes-Benz (Kooperation mit Hydro-Quebec) die Entwicklung weiter vorantreibt. Doch auch da sieht man den massenhaften Einsatz erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts.
Auch andere Pioniere in der Elektromobilität wie Nissan, Toyota, Hyundai oder das Start-Up Fisker glauben an die Einführung der Solid-State-Batterien und zeigen erste Prototypen. Doch der technologische Weg bis zur Marktreife scheint noch weit zu sein.
Dass die europäischen Batteriehersteller das Wettrennen bei der Lithium-Ionen-Batterie gegenüber ihren asiatischen Marktbegleitern verloren haben, dürfte unstrittig sein. Doch bei der neuen Batterietechnologie eröffnen sich neue Chancen. Deswegen hat die EU auch Verbundprojekte wie ASTRABAT initiiert und fördert die Entwicklung sicherer, hochenergetischer und marktfähiger Lithiumionen-Zellentechnologie mit 7,8 Millionen Euro. Die 14 Partner des Projektes (u.a. PSA, Fraunhofer, Umicore, Leclancé, Daikin und verschiedene Hochschulen) stehen unter Zeitdruck, denn auch in Asien forscht man fieberhaft an dieser Zellenart. Da die Batterie heute das mit Abstand teuerste Bauteil in einem Elektrofahrzeug ist und die bislang begrenzte Reichweite üblicher Lithium-Ionen-Batterien die Käufer abschreckt, wäre die erfolgreiche Großproduktion langlebiger, leichter und sicherer Solid-State-Batterien ein Quantensprung. Einer, der sogar den Einsatz von Wasserstoff-Technik zur Reichweitenvergrößerung in Frage stellen könnte.
Auch Deutschland fördert die Entwicklung der Feststoffbatterien im Rahmen des ARTEMYS Projekt. Dessen Ziel ist ebenfalls die Hochskalierung der Laborfertigung auf massentaugliche Verfahren. BMW, ThyssenKrupp und die BASF sind genauso Partner wie zum Beispiel Rehm Thermal Systems GmbH (Trocknungssysteme für LION-Produktion). Auch POiS (Post Lithium Storage Cluster) forscht an Speicherlösungen „nach der Lithium-Era von heute“. Die Varta AG beteiligt sich im Rahmen des SOLID Projektes (Sol-Gel-Materialien) ebenfalls mit Fertigungstechniken für Solid-State-Batterien
Die Firma Blackstone Resources aus der Schweiz verfolgt bei der (geplanten) Massenproduktion zudem einen besonders innovativen Ansatz: Sie druckt die Batterien im 3D-Druckverfahren. Dieses Verfahren ist sehr flexibel und erlaubt unterschiedliche Aufbauten und sogar unterschiedliche Zellchemie.
Doch auch andere Technologien versprechen eine hohe Energiedichte und kurze Ladezeiten um die fünf Minuten. Der amerikanische Batteriehersteller Enevate ersetzt dazu die übliche Graphitanode durch Silizium. Kein ganz neues Verfahren, das auch TESLA zukünftig nutzen wird, jedoch wegen der Ausdehnung der Silizum-Anode beim Laden ein nicht unkritischer Ersatz der gutmütigen Graphitschicht. Bei beiden Herstellern (TESLA, Enevate) ist daher der Träger der Siliziumschicht ein elastischer Werkstoff. Auch Enevate will Mitte der Dekade eine massentaugliche Produktion aufgebaut haben.
Fazit
Festkörper-Batteriezellen sind wie die Brennstoffzelle: Das Prinzip ist bereits seit langem bekannt, doch die technische Umsetzung für den Massenmarkt alles andere als einfach. Wegen der zahllosen Vorteile gegenüber der heutigen Standardtechnik entwickelt man dennoch weltweit Verfahren, um im industriellen Maßstab Solid-State-Batterien herstellen zu können. Europa hat in diesem Umfeld die Chance, den asiatischen Vorsprung bei der Lithium-Ionen-Batterietechnik zu reduzieren.
© Gerald Friederici 07/2020
Player im Solid-State-Batteriemarkt