Wasserstoff gilt als potentieller Energieträger und Energiespeicher der Zukunft. Die simple Herstellung aus Wasser per Elektrolyse-Anlage, der hohe Energiegehalt und die universelle Verwendbarkeit werden als Chance gegenüber der Lithium-Ionen-Batterie angesehen. Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über verschiedene "Transportformen" von Wasserstoff.
Energieträger Wasserstoff-Gas für PEM-Brennstoffzellen
Von der chemischen Struktur her ist der reine Wasserstoff die grundlegendste Form der wasserstoffbasierten Energiewirtschaft. Er lässt sich vergleichsweise einfach durch die Wasserelektrolyse herstellen (Aufspaltung von H2O in seine beiden Bestandteile). Wasserstoff hat einen hohen Energiegehalt, jedoch ist Speicherung, Transport und Nutzung mit einigen Herausforderungen verbunden. Wasserstoff kann man unter hohem Druck (ca. 700 bar) speichern, was erhebliche Kosten (Komprimierung) verursacht. Man kann Wasserstoff auch verflüssigen. Wegen der sehr niedrigen Verflüssigungstemperatur (-260°C) und dem kontinuierlichen Gas-Verlust durch Verdampfung ist diese Methode jedoch nur bedingt zum längerfristigen Speichern von Energie geeignet. Ausserdem ist die Tiefst-Kühlung energieintensiv.
Als Vorteil gilt die einfache Umwandlung von Wasserstoff-Gas in elektrischer Energie. Die kalte Verbrennung in der Brennstoffzelle zusammen mit dem Luftsauerstoff erreicht eine Effizienz von ca. 50%. Bei Kraft-Wärme-Kopplung (z.B. BHKW) erhöht sich die Energieausbeute nochmals merklich. Wasserstoff kann dem Erdgasnetz beigemischt werden. Auf diese Weise kann ein hervorragendes, bereits existierendes Speicher- und Transportnetzwerk genutzt werden. Durch die Möglichkeit der dezentralen Herstellung an H2-Tankstellen (Power-to-Gas per Elektrolyse) können für die Elektromobilität Infrastruktur-Schwächen im Versorgungsnetz ausgeglichen werden.
Direktmethanol-Brennstoffzellen erlauben den direkten Betrieb mit Methanol. Methanol ist bei Raumtemperatur flüssig und daher ähnlich handhabbar wie Benzin. Der Einsatz solcher Brennstoffzellen ist dadurch deutlich vereinfacht, da keine hochkomprimierten Gase benötigt werden. Problematisch ist die vergleichsweise geringe Effizienz von ca. 30% (der Rest ist Abwärme), weswegen der Haupteinsatz im Mobilen Bereich und bei der dezentralen Stromversorgung liegt.
Für eine Klimaneutralität der Techniken ist notwendig, dass der verwendete Wasserstoff nicht - wie bisher - aus fossilen Rohstoffen stammt, sondern regenerativen erzeugt wird (Biogas, regenerativer Strom aus Windkraft, Solar….)!
Energieträger Ammoniak (NH3)
Ammoniak ist ein Verbindung aus Stickstoff und Wasserstoff und ist bei Raumtemperatur gasförmig. Der größte Teil des heute produzierten Ammoniaks wird für die Düngemittelproduktion eingesetzt (Stickstoff-Dünger). Interessant wird Ammoniak für die Energiewirtschaft, weil man in dieser chemischen Verbindung viel „Wasserstoff“ und Energie (5,2 kWh/kg ) binden kann. Der Transport von Ammoniak ist bedeutend leichter wie bei verflüssigtem Wasserstoff (Siedepunkt -33 Grad gegenüber -260°C bei Wasserstoff).
Im Haber-Bosch-Verfahren können regenerativ hergestellter Wasserstoff (H) (Elektrolyse) und aus der Luft gewonnener Stickstoff (N) zu Ammoniak (NH3) verbunden werden. Das Produkt enthält dann ausschließlich dem Stoffkreislauf entnommene Bestandteile, die bei der Verbrennung wieder dem Stoffkreislauf zurückgegeben werden (Wasser und Stickstoff), ist also klimaneutral.
Die Idee ist, an stromreichen Orten (Küstengebiete für Wind, äquatornahe Standorte für Solar) Wasserstoff zu produzieren, diesen in Form von Ammoniak zu binden und das verflüssigte Gas (es existieren gute Erfahrungen mit LNG) zu den Kunden zu transportieren. Dort kann dann Ammoniak als Treibstoff direkt eingesetzt werden oder man spaltet den Wasserstoff für den Einsatz z.B. in PEM-Brennstoffzellen wieder ab.
EU-Projekt: Alkamonia, HIPOWAR sowie z.B. Campfire Projekt
LOHC – Trägerflüssigkeit für Wasserstoff
Ähnlich wie beim Ammoniak ist auch bei der LOHC Technologie die Idee, den Wasserstoff aus regenerativen Quellen für den anschließenden Transport chemisch zu binden.
Dibenzyltoluol ist ein preiswertes, schwer entzündliches Wärmeträger-Öl, das bei ca. 200 °C gut hydriert werden kann. DBT lässt sich in vorhandenen Lieferketten transportieren. Die De-Hydrierung vor Ort (bei ca. 350°C) befindet sich in der Umsetzung zur großtechnischen Anwendung. Passende Katalysatoren für eine energiesparsame Rückgewinnung des gespeicherten Wasserstoffs befinden sich in der Optimierungsphase.
Das Trägeröl kann immer wieder verwendet werden, braucht sich als Transportmittel im Prinzip also nicht auf. Allerdings ist der für das Dehydrieren notwendige Energieaufwand derzeit noch relativ hoch.
Energieträger E-Fuel
E-Fuels (Methan, Methanol, Ethanol, synthetisches Benzin oder Kerosin) sind synthetisch hergestellte Kohlenwasserstoffe, die den Produkten aus Erdöl stark ähneln. Die hinter E-Fuels steckende Idee ist, den zwar vergleichsweise leicht herstellbaren Wasserstoff (Elektrolyse) so zu modifizieren, dass er leichter lagerbar, transportierbar und nutzbar wird. Durch Nutzung von Kohlendioxyd (C02) aus der Umwelt oder aus Verbrennungsprozessen und Wasserstoff aus der Elektrolyse kann im Fischer-Tropsch-Verfahren Synthesegas hergestellt werden. Dieses kann in weiteren Verfahrensschritten zu immer längeren Kohlenwasserstoff-Ketten umgewandelt werden (Methanol, Bezin, Kerosin). Das dabei der Umwelt entnommene CO2 wird zwar bei der späteren Verbrennung wieder in die Umwelt abgegeben, jedoch wir kein zusätzliches CO2 produziert.
Der große Vorteil dieser Produkte ist die direkte Substitution der fossilen Energieträger Diesel, Benzin, Kerosin, Ethanol, etc. Die gesamte Logistik- und Verteil-Infrastruktur (Tankstellen) kann genutzt werden. Die heutigen Verbrennungsmotoren müssen - wenn - nur geringfügig modifiziert werden. Der Luftverkehr könnte deutlich klimaneutraler gestaltet werden.
Ein wesentlicher Nachteil ist jedoch der vergleichsweise geringe Effizienzgrad dieser mehrstufigen Veredelung von Wasserstoff. Der Energieaufwand ist recht hoch, so dass eine vollständig klimaneutrale Herstellung auf entsprechend große regenerative Energiequellen angewiesen ist (z.B. Wüsten für Solar, Küsten für Windkraft und Gezeitenkraftwerke). Allerdings werden bereits u.a. von der Dresdner Firma Sunfire hocheffiziente Hochtemperatur-Elektrolyseanlagen hergestellt, die 80% der eingesetzten Energie in Wasserstoff (oder Synthesegas) umwandelt. Andere Firmen erproben weniger energieintensive Verfahren zur E-Fuel Synthese als Alternative zu dem Haber-Bosch-Verfahren.
In Deutschland ist eine klimaneutrale Deckung des Bedarfs an elektrischer Energie und des Wärmebedarfs selbst mit einem massiven Ausbau der Windkraft und Solarenergie nicht möglich. Alternative Lösungen sind daher unumgänglich.
Fazit
Betrachtet man „nur“ den Wasserstoff-Sektor als Teil Energieversorgung der Zukunft, so findet man etliche parallel laufende Entwicklungen. Wasserstoff kann als „Brennstoff“ zum Beispiel in Gasturbinen verwendet werden. Er kann aber auch zur Erzeugung elektrischer Energie genutzt werden (Brennstoffzellen). Der wesentliche Beitrag des Wasserstoffs ist allerdings die Möglichkeit, elektrische Energie chemisch zu speichern. Damit ist ein Ausgleich des zeitlichen und räumliche Versatzes zwischen Energieerzeugung (Wind, Solar) und Energieverbrauchs (Elektromobilität, Industrie, Wärme) möglich. Nahezu noch wichtiger ist die Möglichkeit, mit den Wasserstoff-Technologien grosse Mengen regenerativer Energie transportabel zu machen. Damit eröffnet sich die Chance, regenerative Energiequellen dort zu nutzen, wo es am effizientesten ist.
Copyright 09/2020 Gerald Friederici