Angst und Hörensagen sind schlechte Ratgeber. Sie trüben unser Urteil und führen oft zu voreiligen Entscheidungen oder sich verfestigenden Vorurteilen. Dabei ist es doch so: Wer ausschließlich auf das Urteil anderer vertraut, verzichtet auf die eigene Urteilskraft.
= Warum Angst und Hörensagen so gefährlich sind =
• Verzerrung der Realität: Angst ist eine natürliche menschliche Reaktion auf vermeintliche oder tatsächliche Gefahren. Sie kann uns vor unüberlegten Handlungen schützen. Allerdings kann sie auch lähmend wirken und uns davon abhalten, neue Erfahrungen zu machen oder Risiken einzugehen. Wenn wir uns von Angst leiten lassen, treffen wir oft Entscheidungen, die auf Vermeidung und Sicherheit ausgerichtet sind, anstatt auf Wachstum und Entwicklung.
Hörensagen, also Informationen, die wir von anderen Personen erhalten, ohne sie selbst überprüft zu haben, sind ein weiterer Faktor, der unsere Entscheidungen beeinflussen kann. Oftmals sind diese Informationen lückenhaft, verzerrt oder sogar falsch. Der Grund dafür liegt in der menschlichen Natur: Wir neigen dazu, Geschichten zu vereinfachen, zu dramatisieren und unsere eigene Perspektive einzubringen.
• Verlust der Eigenverantwortung: Wenn wir uns von Ängsten oder Gerüchten leiten lassen, geben wir die Verantwortung für unsere Entscheidungen ab und bereiten den Boden für Vorurteile.
• Verstärkung von Vorurteilen: Hörensagen kann Vorurteile gegenüber bestimmten Personen oder Gruppen verfestigen.
= Die Herausforderung der Information aus zweiter Hand=
Natürlich können wir nicht alles selbst erleben. Doch nur weil wir nicht alles aus erster Hand erfahren können, heißt das nicht, dass wir uns ausschließlich auf das Urteil anderer verlassen müssen. Es gibt Möglichkeiten, Informationen zu überprüfen und eine eigene Meinung zu bilden.
• Kritische Quellenprüfung: Nicht jede Quelle ist gleichwertig. Es ist wichtig, die Herkunft von Informationen zu hinterfragen und nach weiteren Belegen zu suchen.
• Faktencheck: In Zeiten von Fake News ist es umso wichtiger, Informationen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
• Offener Dialog: Der Austausch mit Menschen, die eine andere Meinung vertreten, kann uns neue Perspektiven eröffnen.
= Confirmation Bias und soziale Medien =
Ein weiteres Problem ist der sogenannte Confirmation Bias. Dieser beschreibt die Tendenz, Informationen so zu suchen und zu interpretieren, dass sie die eigenen Überzeugungen bestätigen. Soziale Medien verstärken diesen Effekt noch, da sie uns in Echokammern einschließen können, in denen wir nur noch Meinungen hören, die unseren eigenen entsprechen.
Das zuvor gesagte trifft auf viele Lebenssituationen zu. In vielen Situationen ist jedoch die Auswirkung einer falschen Information oder einer unbegründeten Angst nicht so gravierend. Oft lassen sich belastende Situationen leicht umgehen und führen zu keiner Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Anders sieht es aus, wenn zum Beispiel ein Vorgesetzter bestimmte Mitarbeiter in seinem Team meidet. Sei es aus Angst vor einem Konflikt oder der Sorge, dass er sich mit den Ideen und Wünschen des Mitarbeiters auseinandersetzen müsste.
Doch was folgt aus solch einer - womöglich unbewussten - Ausgrenzung: Andere Mitarbeiter könnten daraus schließen, dass diese Person unfähig oder schwierig ist. Doch diese Schlussfolgerung basiert womöglich vor allem aus der Beobachtung des Verhaltens des Vorgesetzten. Statt dem eigenen Urteilsvermögen zu trauen oder um abteilungsinterne Konflikte zu vermeiden, wird also die Meinung eines Dritten übernommen. Dabei gibt es möglicherweise gänzlich andere Gründe für dieses Verhalten, die dem betroffenen Mitarbeiter gar nicht anzulasten sind.
In diesem Fall ist sich der Vorgesetzte offensichtlich auch nicht seiner Vorbildfunktion bewusst. Er als Vorgesetzter hat ja die Aufgabe, das Team, die Abteilung zu leiten. In seiner Funktion gibt er nicht nur Arbeitsziele vor, sondern sorgt durch sein Vorbild auch für das Verhältnis zueinander innerhalb des Teams.
= Fazit =
Angst und Hörensagen sind keine verlässlichen Ratgeber und übernommene Vorteile blockieren die eigene Meinungsbildung. Um gute Entscheidungen zu treffen und ein faires Urteil über andere zu fällen, müssen wir uns bemühen, Informationen kritisch zu hinterfragen und uns nicht von voreingenommenen Meinungen leiten zu lassen oder Vorurteile ungeprüft zu übernehmen.