Die Diskussion um die CO2 Emissionen von Industrie und Verkehr ist in voller Fahrt und es wird über Kohleausstieg und die Vermeidung von Flugreisen gesprochen. Doch kaum jemandem ist bewusst, dass die internationale Schifffahrt etwas mehr als zwei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen ausmacht. Das ist mehr als die Industrienation Deutschland insgesamt emittiert.
Während Kraftwerke in Europa in den letzten zwei Jahrzehnten ihre Abgasnachbehandlung nach- und aufgerüstet haben, die Verschärfung bei der europäischen Verkehrs-Abgasnorm inzwischen den Schritt hin zur Elektromobilität erzwingt ist, die internationale Schifffahrt noch weit davon entfernt, ähnlich einschneidende Schritte zu unternehmen. Noch immer wird überwiegend Schweröl als Treibstoff verwendet. Rund 560 Millionen Liter davon werden jeden Tag verbraucht. Diese Mischung aus Raffinerie-Abfall (Bunkeröl) und Dieselöl enthielt bislang zudem einen hohen Schwefelanteil, der u.a. die Ozonschicht schädigt. Erst seit dem 1. Januar 2020 muß dieser Schwefelgehalt für die Hochseeschifffahrt unter 0,5% liegen. Doch damit ist das grundlegende Problem bei weitem nicht beseitigt. Denn das niederschweflige Destillat ist dennoch vielhundertfach dreckiger wie der im Straßenverkehr verwendete Treibstoff.
Ein Druck zur Änderung entsteht vor allem, weil zunehmend mehr Hafenstädte, z.B. Sydney und Amsterdam, die Umweltauflagen zum Schutz der Küsten- und Stadtbewohner verschärfen. Stärker als durch gesetzliche Auflagen, die international abgestimmt werden müssen, können solche Regelungen dazu führen, dass Reeder bei einer Neubeschaffung darüber nachdenken, alternative Antriebe zu kaufen.
Alternativen zu Schweröl
Der allererste Schritt wird gewiss sein, dass Reedereien auf höherwertigeren Diesel umsteigen. Die geschätzten Mehrkosten für diesen Treibstoffwechsel belaufen sich – über die gesamte Branche gesehen – auf über 50 Milliarden Euro jährlich.
Ein zweiter Schritt kann der Umstieg auf Flüssigerdgas sein. Diese Antriebe emittieren zwar noch immer reichlich CO2 aus fossiler Quelle, doch ist LNG (Liquid Natural Gas) erheblich sauberer wie Schweröl. Allerdings fehlt noch eine weltweite Infrastruktur zum Betanken von Containerschiffen.
Bis für die Schifffahrt ausreichend sogenannte E-Fuels (umweltfreundlich hergestellte synthetische Treibstoffe) zur Verfügung stehen, wir wohl noch mindestens ein Jahrzehnt vergehen. Diese Treibstoffe wären dann sogar umweltneutral, stehen jedoch im Moment noch am Anfang der Industrialisierung.
Weitere Konzepte sind große Brennstoffzellen-Kraftwerke zur Onboard-Stromversorgung. Gerade große Kreuzfahrtschiffe mit dem Energiebedarf einer Kleinstadt können so z.B. während der Liegezeiten den benötigten Strom umweltfeundlicher produzieren. Brennstoffzellen sind auch für den primären Antrieb großer Schiffe geeignet, was ein Unternehmensverbund von Linde, Bosch und die norwegische „Hayyard Group“ rund um den Brennstoffzellen-Spezialisten PowerCell Schweden zeigen wollen. Durch einen modularen Brennstoffzellenaufbau ist der Wasserstoffantrieb für unterschiedliche Schiffsgrößen skalierbar. Doch noch sind wegen fehlender Großproduktion Brennstoffzellen deutlich teurer wie Dieselmaschinen.
Aufgrund der langen Laufzeit von Containerschiffen und nur geringen Anreizen zu einem Wechsel auf sauberere Antriebstechnologie wird ein Wandel zu einer „Grünen Schifffahrt“ nur sehr langsam erfolgen. Es kann daher passieren, dass Erfolge bei der Treibhausgas-Reduktion in anderen Bereichen durch den zunehmenden Welthandel mit mehr und mehr Schiffen kompensiert werden. Hier sind die die Mitglieder in der UN-Organisation IMO (International Maritime Organisation) gefordert, auch in diesem Verkehrsbereich kontinuierlich schärfere Umweltauflagen zu vereinbaren.
(09/2020)