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Man muß nicht alles wissen! Nur, wo es steht!

Der CTI-Wert: Ein Maß für die Kriechwegbeständigkeit von Isolierstoffen

Der CTI-Wert (Comparative Tracking Index) ist ein wichtiger Kennwert in der Elektrotechnik, der die Kriechwegbeständigkeit eines Isolierstoffes beschreibt. Vereinfacht ausgedrückt gibt er an, wie gut ein Material in der Lage ist, einer elektrischen Oberflächenentladung und der daraus resultierenden Bildung des sogenannten Kriechwegs, zu widerstehen. Diese Entladungen können unter bestimmten Bedingungen, beispielsweise bei hoher Luftfeuchtigkeit (Betauung) oder Verschmutzung, an der Oberfläche eines Isolierstoffs auftreten und zu einem Isolationsfehler führen.

Was bedeutet Kriechweg?

Ein Kriechweg entsteht, wenn sich auf der Oberfläche eines Isolierstoffs unter Spannung ein leitfähiger Pfad bildet. Dieser Pfad kann durch Verschmutzungen, Kondenswasser oder andere leitfähige Stoffe entstehen und ermöglicht den Durchgang von Strom, obwohl der Isolierstoff eigentlich eine Barriere darstellen sollte.

Der "CTI-Test" nach IEC 60112

Um den CTI-Wert eines Materials zu bestimmen, wird ein standardisierter Test durchgeführt. Dabei wird zwischen zwei unter Spannung stehenden Platinelektroden eine definierte Prüflösung (Mischung aus leitfähig machenden Salzen und Wasser) auf die Oberfläche des Prüfkörpers getropft. Der CTI-Wert gibt die höchste Spannung an, bei der noch keine kontinuierliche leitfähige Bahn, also kein Kriechweg, entsteht (detaillierte Beschreibung in der IEC 60112, Verfahren zur Bestimmung der Prüfzahl und der Vergleichszahl der Kriechwegbildung von festen, isolierenden Werkstoffen).

Unterschied zwischen CTI und PTI

  • CTI (Comparative Tracking Index): Der CTI-Wert gibt die höchste Spannung an, bei der noch kein kontinuierlicher Kriechweg entsteht.
  • PTI (Proof Tracking Index): Der PTI-Wert hingegen gibt die niedrigste Spannung an, bei der sicher kein Kriechweg entsteht. Es ist also ein Ein-Punkt-Messung und wird oft zur Nachweisprüfung von Werkstoffen verwendet.

Der PTI-Wert ist somit ein konservativerer Wert als der CTI-Wert und wird häufig für sicherheitskritische Anwendungen verwendet.

Bedeutung des CTI-Werts

Ein hoher CTI-Wert (also Versagen erst bei hohen Prüfspannungen) ist besonders wichtig für Isolierstoffe, die in Umgebungen mit hoher Luftfeuchtigkeit, Verschmutzung oder bei hohen Spannungen eingesetzt werden. Beispiele hierfür sind:

  • Leiterplatten:     Hier ist eine hohe Kriechwegbeständigkeit entscheidend, um einen frühen Ausfall durch Kriechwegbildung zu vermeiden.
  • Elektromobilität:     In Elektroautos sind die Isolierstoffe neben den hohen elektrischen     Belastungen zusätzlich mechanischen und ggf. chemischen Belastungen ausgesetzt.

Bei der Auswahl von Isolierstoffen sollte der CTI-Wert immer in Zusammenhang mit anderen Eigenschaften wie Temperaturbeständigkeit, elektrischer Spannungsfestigkeit und chemischer Beständigkeit betrachtet werden. Dies wird durch die Niederspannungsrichtlinie IEC 60664 auch berücksichtigt, die neben dem CTI-Wert weitere benötigte Eigenschaften für einen zuverlässigen elektrischen Isolierwerkstoff angibt.

Einschränkend muß man sagen, dass für Einsatzspannungen über 600 V die Prüfung nach IEC 60211 mittels des CTI-Tests keine sinnvollen Ergebnisse erbringt. Der Abstand der Prüfelektroden (4 mm) ist für höhere Spannungen ungeeignet).

Für Entwickler und Hersteller ist der nach IEC 60112 ermittelte CTI-Wert ein wichtiger Parameter zur Beurteilung der Eignung eines  Isolierstoffes für bestimmte Anwendungen. Ein guter CTI-Wert ermöglicht  auch reduzierte Abstände (Kriechstrecken) in elektronischen  Einrichtungen, die dadurch kompakter ausfallen können. Ein hoher  CTI-Wert stellt insgesamt eine hohe Zuverlässigkeit und Sicherheit  elektrischer Einrichtungen sicher. 

Inclined Plane Tracking Test

Für deutlich höhere Spannungen und nicht vergleichbar mit dem CTI Test kann der Inclined Plate Test bis 5 kV eingesetzt werden:

Der Inclined Plane Tracking (IPT) Test, auch bekannt als Schiefe-Ebene-Prüfung oder geneigte-Ebene-Prüfung, ist ein Verfahren zur Bestimmung der Kriechstromfestigkeit von Isolierstoffen unter simulierten Verschmutzungsbedingungen. Er ist in verschiedenen Normen beschrieben, darunter IEC 60587 und ASTM D2303. Im Gegensatz zum CTI-Test nach IEC 60112, bei dem einzelne Tropfen einer leitfähigen Flüssigkeit verwendet werden, wird beim IPT-Test ein kontinuierlicher Flüssigkeitsstrom auf die Oberfläche des Prüflings geleitet.

Prinzip des Inclined Plane Tests:

Der Prüfling wird in einem Winkel (meist 45°) auf einer geneigten Ebene befestigt. Eine leitfähige Flüssigkeit (meist eine Ammoniumchloridlösung mit Netzmittel) fließt mit einer bestimmten Rate über die Oberfläche des Materials. Zwischen zwei Elektroden, die auf der Oberfläche des Prüflings platziert sind, wird eine Spannung angelegt. Durch den Flüssigkeitsfilm und die angelegte Spannung kommt es zu Kriechströmen auf der Oberfläche des Isolierstoffs.

Was wird beim Inclined Plane Test beobachtet und gemessen?

  • Zeit bis zur Kriechwegbildung: Die Zeit, bis ein leitfähiger Pfad (Kriechweg) zwischen den Elektroden entsteht, wird gemessen.
  • Erosion und Zerstörung des Materials: Die Art und das Ausmaß der Erosion der Materialoberfläche durch die Kriechströme werden visuell beurteilt.
  • Kriechstromstärke: Der fließende Kriechstrom kann ebenfalls gemessen werden.

Vorteile des Inclined Plane Tests gegenüber dem CTI Test:

  • Realistischere Simulation: Der kontinuierliche Flüssigkeitsstrom simuliert besser die Bedingungen in Umgebungen mit starker Verschmutzung oder Kondensation, bei denen sich ein durchgehender Feuchtigkeitsfilm bilden kann.
  • Unterscheidung zwischen verschiedenen Versagensmechanismen: Der IPT-Test ermöglicht die Beobachtung verschiedener Versagensmechanismen, wie z.B. Erosion, Lichtbogenbildung und vollständiger Durchschlag.

Nachteile des Inclined Plane Tests:

  • Komplexere Durchführung: Der Aufbau und die Durchführung des IPT-Tests sind aufwendiger als beim CTI-Test.
  • Höhere Kosten: Die benötigte Ausrüstung ist in der Regel teurer.

Anwendungsbereiche:

Der Inclined Plane Test wird insbesondere für Isolierstoffe verwendet, die in Umgebungen mit starker Verschmutzung, hoher Luftfeuchtigkeit oder Kondensation eingesetzt werden, z.B.:

  1. Freiluftisolatoren für Hochspannungsanwendungen
  2. Isolierstoffe in der Bahntechnik
  3. Isolierstoffe in der Automobilindustrie


Merkmal
CTI Test (IEC 60112)

Inclined Plane Test (IEC 60587, ASTM D2303)

Flüssigkeitszufuhr
Einzelne Tropfen

Kontinuierlicher Flüssigkeitsstrom

Prüfaufbau
Einfacher
Komplexer
Simulation
Standardisierte Verschmutzung

Realistischere Simulation von Verschmutzung und Kondensation

Versagens-mechanismen
Hauptsächlich Kriechwegbildung durch Tropfen

Beobachtung verschiedener Mechanismen (Erosion, Lichtbogen, Durchschlag)

Anwendungsbereich
Allgemeine Anwendungen in der Elektrotechnik

Anwendungen in stark verschmutzten Umgebungen


Die Kriechstromfestigkeit von elektrischen Isolatoren aus Polymeren werden als CTI nach IEC 60112 und PLC nach UL 746 bestimmt. Beide dienen dem gleichen Zweck: die sichere Isolation elektrischer Komponenten zu gewährleisten und Kriechströme zu verhindern.

1. CTI (Comparative Tracking Index) nach IEC 60112:

  • Norm: IEC 60112 „Verfahren zur Bestimmung der Prüfzahl und der Vergleichszahl der Kriechwegbildung von festen, isolierenden Werkstoffen“.  
  • Prüfverfahren: Eine leitfähige Flüssigkeit (0,1% Ammoniumchloridlösung) wird zwischen zwei Elektroden auf die Oberfläche des Isoliermaterials getropft. Die Spannung wird erhöht, bis ein Kriechweg entsteht (d.h. ein leitfähiger Pfad auf der Oberfläche). Der CTI-Wert ist die höchste Spannung, bei der nach 50 Tropfen kein Kriechweg entsteht oder die Stromstärke für mehr als 2 Sekunden 0,5 A übersteigt.
  • Ergebnisse: Der CTI-Wert wird in Volt angegeben und in Isolierstoffgruppen eingeteilt:

    • I: > 600 V
    • II: 400–599 V
    • IIIa: 250–399 V
    • IIIb: 175–249 V
    • IIIc: 100–174 V
  • Anwendung: Weit verbreitet in Europa und international. Dient zur Auswahl von Isoliermaterialien und zur Bestimmung von Kriechstrecken in elektrischen Geräten.

2. PLC (Performance Level Category) nach UL 746:

  • Norm: UL 746 „Polymeric Materials -     Use in Electrical Equipment Evaluations“.
  • Prüfverfahren:     Ähnlich dem CTI-Verfahren nach IEC 60112, jedoch mit einigen Unterschieden     in der Prüflösung und den Kriterien für das Entstehen eines Kriechwegs. Es     gibt auch den PTI (Proof Tracking Index), der dem CTI ähnelt.
  • Ergebnisse:     Die Ergebnisse werden in PLC-Kategorien eingeteilt (0 bis 5), die grob den     CTI-Gruppen entsprechen. Ein PLC von 0 entspricht dem höchsten Widerstand     gegen Kriechwegbildung.
  • Anwendung:     Hauptsächlich in Nordamerika verwendet. UL 746 ist eine Norm der     Underwriters Laboratories (UL), einer unabhängigen Prüforganisation.


Merkmal

IEC 60112 (CTI)

UL 746 (PLC)

Norm

IEC 60112

UL 746

Prüfverfahren

Tropfprüfung mit Ammoniumchloridlösung

Ähnliche Tropfprüfung, aber mit Unterschieden

Ergebnisse

CTI-Werte in Volt (und zugehörige Isolierstoffgruppen)

PLC-Kategorien (0-5)

Anwendung

Allgemein in der Elektrotechnik

Hauptsächlich in Nordamerika

Wichtige Details:

  • Die Kriechstromfestigkeit wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, wie z.B. die Materialzusammensetzung, die Oberflächenbeschaffenheit, die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Verschmutzung.
  • Bei der Auswahl von Isoliermaterialien ist es wichtig, die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Anwendung zu berücksichtigen.