Die magnetokalorische Kühlung, basierend auf dem magnetokalorischen Effekt (MKE), stellt eine vielversprechende Alternative zur traditionellen Kompressionskühlung dar. Der MKE beschreibt die Temperaturänderung eines magnetischen Materials beim Anlegen eines Magnetfelds.
Das Herzstück der Technologien, die den magnetokalorischen Effekt nutzen, sind spezielle Materialien, sogenannte magnetokalorische Materialien. Diese Substanzen besitzen die einzigartige Eigenschaft, ihre magnetische Ordnung in Abhängigkeit von der Temperatur zu ändern. Wird ein Magnetfeld angelegt, richten sich die magnetischen Momente der Atome im Material aus. Dieser Ordnungsprozess führt zu einer Freisetzung von Wärmeenergie (adiabatische Magnetisierung), wodurch sich das Material erwärmt. Entfernt man das Magnetfeld, kehren die magnetischen Momente in einen ungeordneten Zustand zurück und das Material entzieht seiner Umgebung Wärme, um sich abzukühlen (adiabatische Entmagnetisierung).
Dieser Effekt wurde bereits 1917 von den Physikern P. Weiss und A. Picard entdeckt, erlangte aber erst in den letzten Jahrzehnten durch die Entwicklung neuer magnetokalorischer Materialien und effizienterer Magnete größere Bedeutung für die Anwendung in Kühlsystemen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Kühlschränken, die auf der Kompression und Expansion von Kältemitteln basieren, nutzen magnetokalorische Kühlsysteme feste Materialien und vermeiden so den Einsatz von potenziell umweltschädlichen Kältemitteln. Dies macht sie zu einer umweltfreundlicheren und auch energieeffizienteren Option. Der Kühlprozess erfolgt in mehreren Schritten: Zunächst wird das magnetokalorische Material in ein Magnetfeld gebracht, wodurch es sich erwärmt. Diese Wärme wird abgeführt, beispielsweise durch einen Wärmetauscher mit Wasser oder Luft. Anschließend wird das Magnetfeld entfernt, wodurch sich das Material abkühlt und Wärme aus der Umgebung aufnehmen kann. Durch zyklisches Wiederholen dieser Schritte kann ein kontinuierlicher Kühlprozess erreicht werden.
Potentielle Anwendungen der Magnetokalorischen Kühlung
Die Anwendungsmöglichkeiten der magnetokalorischen Kühlung sind vielfältig. In Supermärkten könnten zukünftige Kühlschränke und Klimaanlagen auf dieser Technologie basieren. In der Industrie bietet sie Potenziale für die Prozesskühlung, beispielsweise in der Lebensmittelverarbeitung oder der chemischen Industrie. Auch in der Medizintechnik, beispielsweise für die Kühlung von medizinischen Geräten oder in der Kryochirurgie, wird die magnetokalorische Kühlung erforscht. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Kühlung von Elektronik, insbesondere in der Hochleistungselektronik, wo eine effiziente Wärmeabfuhr entscheidend ist.
Zahlreiche Forschungseinrichtungen und Unternehmen weltweit beschäftigen sich mit der Weiterentwicklung der magnetokalorischen Kühlung. Zu den bekannten Forschungseinrichtungen gehören beispielsweise das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg, das sich intensiv mit der Entwicklung von magnetokalorischen Materialien und Systemen befasst. Auch Universitäten wie die Technische Universität Darmstadt oder die RWTH Aachen forschen in diesem Bereich. Auf internationaler Ebene sind Forschungsgruppen in den USA, Japan und anderen Ländern aktiv.
Einige Unternehmen haben sich der Entwicklung und Kommerzialisierung magnetokalorischer Kühlsysteme verschrieben. Eines der bekannteren ist Magnoric, die sich auf die Entwicklung von Prototypen und die Markteinführung erster Produkte konzentrieren. Noch sind jedoch alle Firmen eher Startups.
Noch sind zahlreiche Herausforderungen zu lösen
Die Herausforderungen liegen vor allem in der Entwicklung von kostengünstigen und effizienten magnetokalorischen Materialien, der Optimierung der Magnetdesigns und der Entwicklung zuverlässiger und langlebiger Systemkomponenten. Das bislang erfolgreichste Material, das bereits bei Raumtemperatur einen guten magnetokalorischen Effekt zeigt, ist eine Verbindung aus dem Seltenerdenmaterial Lanthan, Silizium und Eisen (z.B. CALORIVAC® von der Vacuumschmelze). Hier geht die Suche nach geeigneten und günstigeren Werkstoffen weiter. Aber auch die Effizienz des Wärme/Kühl-Managements insgesamt kann noch weiter gesteigert werden.
Neben der Anwendung als Magnetic Refrigeration System kann der magnetokalorische Effekt natürlich auch als Wärmepumpe (bereits erreicht COP=5) genutzt werden. Im Rahmen des CORDIS-Projektes „Magnetokalorische Kühlung für effiziente elektrische Klimatisierung (u.a. Mahle)“ konnte schon gezeigt werden, dass die Integration eines Klima- und Heizsystems auf Basis des MKE in ein Fahrzeug möglich ist.
Die magnetokalorische Kühlung bietet trotz zahlreicher noch zu lösender Herausforderungen ein enormes Potenzial für eine umweltfreundlichere und energieeffizientere Zukunft der Kühltechnologie. Die kontinuierliche Forschung und Entwicklung in diesem Bereich lässt erwarten, dass wir in den kommenden Jahren vermehrt Anwendungen dieser Technologie sehen werden, die gänzlich auf FKW oder Propan als Kältemittel verzichten und stromsparender arbeiten wie die heutige Kompressor-Technik. Der Beitrag dieser Technologie ist auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden Erderwärmung und der damit einhergehenden Zunahme an Klimageräten nicht zu unterschätzen.
Weiterführender Link:
https://vacuumschmelze.de/produkte/einzigartige-technologien/magnetokalorischer-werkstoff-calorivac
© Gerald Friederici 12/2024