Für die Erfassung der elektrischen Energieströme ist in Deutschland die Bundesnetzagentur zuständig. Jeweils zum Jahreswechsel werden die Zahlen zum vergangenen Jahr veröffentlich. Nach den Coronajahren 2020 bis 2022 ist das Jahr 2023 ein weitgehend normales Wirtschaftsjahr gewesen und litt noch nicht so stark unter dem Rückgang der industriellen Produktion, wie es wohl im Jahr 2024 sein wird.
Der elektrische Energiemarkt ist zwar ein großer, jedoch muss man dabei immer bedenken, dass Wärme und Verkehr noch dazu kommen. Hier dominieren die fossilen Energieträger nach wie vor. Die erfreulichen Zahlen im Stromsektor verwässern also deutlich, wenn man den Gesamtbedarf an Energie (Wärme, Verkehr) betrachtet: nur rund 22% des Bruttoendenergieverbrauchs (BEEV) in Deutschland ist erneuerbar erzeugt worden.
2023 wurden 55% (2022: 48,4%) der elektrischen Energie regenerativ erzeugt. Nach wie vor hat den größten Anteil daran die an Land aufgebaute Kapazität an Windkraftanlagen. Insgesamt erzeugten 2023
umweltfreundlichere Energie aus nicht einmalig nutzbaren Quellen (Erdöl, Erdgas, Kohle).
Durch Betrachtung der Absolutwerte (Stromerzeugung) kann man diese Daten besser einordnen:
Um die Menge an Erneuerbarer Energie weiter steigern zu können, muss es neben dem Netzausbau zusätzlich auch Speichermöglichkeiten geben. Die täglichen, saisonalen und kurzfristigen Fluktuationen bei Bedarf und Erzeugung, aber auch die zunehmende Elektrifizierung von z.B. Wärmeerzeugung oder Verkehr braucht Pufferspeicher bzw. schnell aktivierbare Kraftwerksreserven.
Noch weit vor dem Ukrainekrieg wurden deshalb zahlreiche Gaskraftwerke geplant. Der große Vorteil dieser effizienten, aber recht teuren Stromerzeuger ist ihre Flexibilität. Während Kohlekraftwerke und Atomkraftwerke nur sehr langsam (Stunden bis Tage) in ihrer Energieerzeugung gedrosselt oder gesteigert werden können, gleichen Gaskraftwerke Fluktuationen sehr schnell aus. Da Batteriespeicher oder ähnliche große Speicherkapazitäten noch nicht ausreichend als Möglichkeiten des Netzengpassmanagement vorhanden sind, stieg der Bedarf an Erdgas zur Erzeugung elektrischen Stroms daher um 31,3% an (u.a. Redispatch-Leistungen von Reservekraftwerken).
Anders, als gelegentlich behauptet, musste Deutschland jedoch nicht übermäßig mehr Strom importieren. Der kommerzielle Außenhandel zeigt das:
· 54,1 TWh (2022: 33,2 TWh) Stromimport
· 42,4 TWH (2022: 56,3 TWh) Stromexport
Da es sich um einen offenen, europaweiten Strommarkt handelt, wird Strom auch deswegen importiert, weil er an anderer Stelle günstiger erzeugt wird wie in Deutschland (z.B. Solarstrom). Man kann also aus den Zahlen keinen direkten Zusammenhang zur z.B. Abschaltung der verbliebenen Atomkraftwerke herstellen.
Im zweiten Quartal 2024 lag der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bei 65,3% (Gesamtjahr 2023: 55%). Der Anstieg ist zwar erfreulich, muss jedoch relativiert werden in Bezug auf den Gesamtenergieverbrauch! Außerdem schwanken die Erzeugungsmengen der erneuerbaren Energiequellen auch von Jahr zu Jahr (Viel Regen = mehr Wasserkraft, mehr Wind = mehr Strom aus Windkraftanlagen), weswegen Zubau und erzeugte Strommenge nicht unbedingt miteinander korrelieren.
Der angekündigte Blackout blieb erwartungsgemäß aus und die Netzstabilität konnte von den großen Übertragungsnetzbetreibern weitgehend aufrechterhalten werden. Dies gelang und gelingt insbesondere dadurch, dass im europäischen Strombinnenmarkt grenzüberschreitend Strom importiert und exportiert werden kann.
Aussicht
Die Herausforderungen für die Integration der oft lastfernen Erzeuger erneuerbarer Energie sind erheblich, was sich auch in den, vor allem von Privathaushalten zu tragenden, Netzentgelten niederschlägt. Die insgesamt notwendigen Investitionen in die zukünftige regenerative Stromversorgung bei vorübergehend vorhandenem Parallelbetrieb mit der konventioneller Energieerzeugung belasten den Strompreis leider nicht unerheblich. Eine viel größere Aufgabe stellt sich bei der Umstellung der restlichen rund 80% Energieerzeugung für Industrie, Wärme und Verkehr! Diese Zahl verdeutlich nochmals, welche Generationenaufgabe da auf uns zukommt.
Für diese Aufgabe sind engagierte, gut ausgebildete Köpfe, innovative und mutige Unternehmer, eine vorausschauende und zielorientierte Politik und internationale Zusammenarbeit gefragt.