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Man muß nicht alles wissen! Nur, wo es steht!

Möglichkeiten der technischen Lösungen für Energiespeicher

Der wichtigste Energieträger wird zukünftig die Elektrizität sein. Darum wird auch die Möglichkeit der Energiespeicherung das zentrale Thema der nächsten Jahre /Jahrzehnte sein. Denn elektrischer Strom muss in dem Moment verbraucht werden, in dem er hergestellt wird. Oder anders herum: Solar- und Windkraftwerke nützen nichts zur Energieversorgung, wenn in dem Moment, in dem Energie benötigt wird, gerade die Sonne nicht scheint oder der Wind eingeschlafen ist. Ein Ausgleich zwischen zeitversetzter Erzeugung und dem Verbrauch des elektrischen Stroms ist systemrelevant.

Norwegens Elektrizität stammt ausschließlich aus (grundlastfähigen) Wasserkraftwerken. Geringe Bevölkerungsdichte und eine Geländetopologie ähnlich der Schweiz legen diese Nutzung nahe. Dieser Ansatz funktioniert weder im dichtbesiedelten Deutschland noch in den flachen Niederlanden.

Andere Energieerzeuger könnten Gezeitenkraftwerke oder geothermale Wärme sein. Doch keiner dieser Lösungen ist auch nur annähernd in der Lage, die Kapazitäten von abgeschalteten Kohle- und Atomkraftwerken zu ersetzen.

Deswegen wird seit mittlerweile zwei Jahrzehnten in Deutschland durch das EEG (Gesetz für den Vorrang der Erneuerbaren Energien) die Stromeinspeisung durch Windkraft- und Solaranlagen gefördert (theoretisch werden alle regenerativen Quellen gefördert, Alternativen stehen aber nicht in nennenswertem Umfang zur Verfügung). Mit den beiden Beschlüssen, alle Atomkraftwerke und danach alle Kohlekraftwerke nach und nach still zu legen, wurde die Frage nach sinnvollen Speichern für Energie zu einer Grundlegenden. Denn die Schwankungen in der Stromproduktion und im zumeist zeitversetzten Stromverbrauch müssen irgendwie ausgeglichen werden. Durch den angestrebten Verzicht auf alle fossilen Energieträger fallen auch hocheffiziente Gaskraftwerke aus. Sie wurden allerdings schon länger wegen den, vergleichsweise hohen, Betriebskosten gegenüber Kohlekraftwerken nicht besonders intensiv ausgebaut.

Bei einigen der nachfolgend vorgestellten Lösungsansätze wird elektrische Energie speicher- und transportierbar. Dadurch ist selbst über Staatsgrenzen hinweg der Transport gespeicherter Energie möglich.

Was heute die Erdgaspipeline oder der Erdöl-Tanker ist, könnte in Zukunft ein Transport von elektrisch aufgeladenen chemischen Produkten sein.

Auch angeregt durch die Automobilindustrie, die durch gesetzliche Vorgaben (CO2-Flottenregulierung EU) nach Alternativen für fossile oder CO2 intensive Energieträger sucht, haben sich über die vergangenen Jahre verschiedene Lösungsansätze herauskristallisiert:

1. Lithium-Ionen-Batterien

Als altbekannte Technologie sind Lithium Batterien bestens eingeführt und zurzeit erste Wahl bei dem Einsatz in elektrischen Fahrzeugen und heimischen Speichern für Solarstrom. Sehr große LION-Batterie-Kombinationen werden seit Kurzem auch als Pufferbatterie an Kraftwerken eingesetzt. Allerdings sind Lithium Batterien vergleichsweise teuer und wegen der Verfügbarkeit der verwendeten Materialien in die Kritik geraten. Es wird jedoch weltweit intensiv an Alternativen zu der klassischen Lithium-Ionen-Batterie geforscht.

Haupthindernis bei der Markteinführung von Alternativen ist der Sprung aus dem Labor in die Serienfertigung. Die dafür notwendigen Investitionen sind enorm. Setzt sich am Ende eine andere Technologie durch, kann eine solche Investition schnell wertlos werden. Ein weiteres Hindernis ist der Preisvorteil etablierter Lösungen, mit denen neue Batterie-Konstruktionen verglichen werden.

Dennoch wird es auf jeden Fall neue Ausführungen der klassischen Lithium-Ionen-Batterie geben. Der Ersatz des flüssigen, brennbaren Elektrolyten steht an oberster Stelle, aber auch die Erhöhung der Lebensdauer und des Energieinhalts pro Volumen. Andere, besser verfügbare Metalle wie Nickel oder Aluminium stehen parat. Die Solid-State-Batterie stellt eine der möglichen Alternativen dar, die ihre Praxistauglichkeit schon bewiesen haben. Eine Vielzahl unterschiedlicher Zellchemie lassen Anpassungen an Speichervermögen, Hochstromfähigkeit, Langlebigkeit oder Leistungsdichte zu.

2. Brennstoffzellen (PEM, SOFC, DMFC, …) 

Die bereits lange bekannte Technologie der Brennstoffzelle erhält seit einigen wenigen Jahren Aufwind, da Wasserstoff einen guten Energieträger darstellt, den man zwischenspeichern kann. Regenerativ gewonnener Strom erzeugt per Elektrolyseur aus Wasser reinen Wasserstoff. Dieser kann (bei Beachtung entsprechender Sicherheitsvorkehrungen) relativ einfach zwischengelagert und transportiert werden. Damit wird elektrischer Strom in gespeicherter Form transportabel. Am Verbrauchsort wird der Wasserstoff in einer Brennstoffzelle wieder in elektrische Energie und Wasser zurück verwandelt. Der Gesamtwirkungsgrad ist noch nicht außerordentlich hoch, bietet aber noch Optimierungspotential (Beispiel: Hochtemperatur-Brennstoffzellen, die weniger Verluste haben wie Niedertemperatur-BZ mit ihrer aufwändigeren Peripherie).

Ein Manko dieser Technologie ist die hohe Explosionsgefahr bei Wasserstoff. Das sehr kleine Wasserstoffmolekül entweicht selbst durch winzige Undichtigkeiten. Dies ist jedoch kein unüberwindbares Problem und Untersuchungen an Gastanks in Fahrzeugen zeigen, dass die Folgen eines Brandes im Freien mit H2-Beteiligung wegen der geringen Dichte (Flamme steigt rasch auf) des Gases geringer sind wie bei Benzin oder Diesel.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der hohe Aufwand der betrieben werden muss, um Wasserstoff zu lagern. Bei Tiefkühlung im flüssigen Zustand verdampft selbst bei sehr guter Isolierung permanent Wasserstoff. Das führt dazu, dass solche Tanks nach wenigen Tagen bis Wochen durch die Entlüftung des Überdrucks leer sind. Für den Transport unter Druck sind enorm hohe Drücke notwendig (einige Hundert Bar). Beide Technologien verbrauchen erheblich Energie, die der Effizienz des Speichermediums fehlen. 

Ähnliches gilt für das Verfahren, aus Wasserstoff z.B. Methanol herzustellen (P2L). Auch diese Umwandlung verbraucht erhebliche Energie.

3. LOHC`s für die vereinfachte Nutzung von Wasserstoff

Eine mögliche Lösung der Speicherung von Wasserstoff stellen LOHC`s dar. Diese Liquid Organic Hydrogen Carrier sind in der Lage, Wasserstoff chemisch zu binden. Eines der geeignetsten Trägermedien ist Thermalöl] , das weltweit in großen Mengen eingesetzt wird. Durch einen Katalysevorgang (Hydrierung) bindet es bis zu 6 vol% Wasserstoff in seinen Molekülen. Durch eine Erwärmung (ca. 300°C) und einem Katalysator gibt das Thermalöl das gebundene Wasserstoffgas (Dehydrierung) wieder frei.

Thermalöl verhält sich ähnlich Benzin oder Diesel, es passt dadurch hervorragend in die bestehende Transport- und Tankinfrastuktur. Zusätzlich ist es ungiftig, nicht brennbar und langfristig einsetzbar (also im Kreislauf). In einem Fahrzeug könnte durch eine Brennstoffzelle das zurück gewonnene Wasserstoffgas schließlich wieder in Elektrizität und damit Antriebsenergie verwandelt werden. Aufgebrauchtes, dehydriertes Thermalöl (LOHC) kann beim Tankvorgang abgepumpt werden und durch hydriertes Öl ersetzt (Kreislaufprinzip).

Noch sind einige technische Hürden vorhanden (z.B. die hohen Temperaturen bei der Dehydrierung), doch einem stationären Einsatz (z.B. Blockheizkraftwerke, Energiespeicher zur Pufferung von überschüssiger Wind- und Solarenergie) steht prinzipiell nichts entgegen. Wie bei anderen möglichen Lösungen zur Energiespeicherung fehlt es auch hier im Moment noch an der Wirtschaftlichkeit durch den fehlenden Skaleneffekt.

Japan, als einer der Vorreiter der Wasserstofftechnik, wollte anläßlich der Olympischen Spiele in 2020 mit einer Schiffsladung Methylcyclohexan (MCH, C7H14) aus Brunei aufzeigen, dass der Transport von großen Mengen Wasserstoff über weite Distanzen möglich ist. MCH ist neben N-Ethylcarbazol und Dibenzyltoluol eine weitere Möglichkeit der Wasserstoffspeicherung, die zur Zeit intensiv untersucht wird.

4. Ammoniak aus der Haber-Bosch-Synthese

Kaum jemand ahnt, dass ein sehr großer Anteil des weitweit produzierten Wasserstoffs zu Ammoniak (NH3) synthetisiert wird, um daraus Düngemittel (Ersatz für natürlichen Salpeter) herzustellen. Jedoch kann man mit dem Haber-Bosch-Verfahren auch einen regenerativen Energieträger herstellen. Nimmt man Wasserstoff, der mit Hilfe einer regenerativen Energiequelle gewonnen wurde und bringt ihn mit Stickstoff aus der Luft in Verbindung, entsteht im Haber-Bosch-Verfahren ein Energieträger: Ammoniak.

Die Verbindung NH3 kann auf vergleichsweise einfache Weise wieder aufspalten. Der dabei wieder freiwerdende Wasserstoff kann in Brennstoffzellen wieder verstromt werden. Ammoniak bietet wie die LOHC`s den Vorteil einer einfachen Transportierbarkeit und Lagerbarkeit gegenüber reinem Wasserstoff. Dies ist besonders im länderübergreifenden Energietransport eine wichtige Rolle (innerhalb Deutschland wird das Erdgas-Piplinesystem einen Großteil der Transportinfrastruktur für Wasserstoff erbringen). Eine reine Effizienzbetrachtung im Vergleich zu einer Lithium-Ionen-Batterie ist unfair, da man größere Mengen elektrische Energie nicht in Form von Batterie transportieren kann und die Eigenversorgung Deutschlands mit regenerativer Energie nicht zu 100% gelingen wird - der Transport über lange Strecken also eine wichtige Rolle spielt (ein Symbol dafür sind die tausende Kilometer langen Erdgas- und Erdölpiplines).

4. Redox-Flow-Batterien (Flussbatterien) 

Ähnlich den LOHC`s werden bei Redox-Flow-Batterien transportable, tankbare Energieträger genutzt. Im Prinzip werden Lösungen unterschiedlicher Oxidationsstufen von Metallsalzen (Natrium, Vanadium, Eisen oder Brom) verwendet. In der Redox-Flow-Batterie fließen die in Lösung befindlichen Salze an einer Membran vorbei und tauschen dabei Ionen aus. Dadurch fließt im äußeren Stromkreislauf elektrischer Strom. Ähnlich wie bei der Brennstoffzelle können durch Umkehr des Stromflusses die eingesetzten Elektrolyte wieder aufgeladen werden. Da dies in einem geschlossenen Kreislauf erfolgt, gibt es lokal keine Emissionen. Laufzeiten von 20 Jahren und Zyklenzahlen von 20.000 Zyklen sind technisch realisierbar. 

Die Kapazität eines solchen Energiespeichers hängt nur von der Größe der Tanks ab, in denen die Energie gespeichert wird. Erste Überlegungen existieren, diese Flüssigkeitsspeicher in großen Kavernen von Salzstöcken anzulegen. Redox-Flow-Batterien reagieren vergleichsweise schnell (Spitzenstrombedarf), sind jedoch auch grundlastfähig. In ausreichender Größe aufgebaut können sie in die Infrastruktur stillgelegter Kraftwerke (Kohle, Atom) eingebunden werden. Die hohe Umwandlungseffizienz der RFB-Zelle wird durch externe Verbraucher wie die Pumpen geschmälert, liegt aber mit 65 – 80% vergleichsweise hoch. Nachteilig und dem Verfahren inhärentist die relativ geringe Energiedichte pro Kilogramm, so dass man große Mengen Elektrolyte braucht. Gegenüber den vergleichsweise teuren Vanadium-Salzen könnte sich eine auf Lignin basierende Flussbatterie durchsetzen, da dieser günstige Abfallstoff der Papierindustrie in großen Mengen verfügbar ist.

5. Power-to-Gas; Power-to-Liquid (Synthesegas, Synthesetreibstoff) – Desertech
 

Im Jahre 2009 gründete sich das Unternehmen Desertec mit der Idee, Energie in einem Gebiet zu erzeugen, in dem weder Flächenverbrauch noch soziale Hemmnisse einem massiven Ausbau der Solarenergie entgegenstehen. Rechnerisch würde eine Fläche von 300x300 km Solarfeld ausreichen, die Welt mit Energie zu versorgen. Vor allem die politische Instabilität in der Sahara verhinderte den Ausbau dieses Projektes.

Die Idee hinter Desertec jedoch ist nach wie vor aktuell. Durch Überführung von elektrischer Energie in flüssige oder gasförmige Energieträger wird diese transportabel und kann über Pipelines und Tanker zu den Verbrauchern gebracht werden.

In Frage kommen zum Beispiel Methan oder Kohlenwasserstoffe wie Methanol, Diesel und Kerosin.

Die Umwandlung von elektrisch durch Elektrolyse hergestellten Wasserstoff zu Methan (P2G) oder Methanol (P2L) ist jedoch ein mehrstufiger, verlustbehafteter Prozess.
Ist die Umwandlungseffizienz eines Elektrolyseurs (Erzeugung von Wasserstoff) noch etwa 90%, verringert sich die Effizienz auf 70% bei der Herstellung von Methanol. Bei der katalytischen Umwandlung zu Flüssigkeiten benötigt man schließlich deutlich mehr als die doppelte Menge an Strom im Vergleich zur gespeicherten Energie. Durch diese Umwandlungsverluste beträgt der Preis pro kWh für Wasserstoff etwa 10 Cent, für Methan 15 Cent, bei Methanol bereits 20 Cent und für Diesel etwa 30 Cent. Im Vergleich dazu: bei Rohöl benötigt man ca. 3,5 Cent zur Erzeugung einer Kilowattstunde elektrischer Energie. Auch wenn es sich um grobe Schätzungen handelt, machen die Zahlen klar, dass aus wirtschaftlicher Sicht noch ein langer Weg vorhanden ist, bis die Kosten für Energiespeicherung durch P2G und P2L wirtschaftlich vertretbare Grenzen erreichen.

6. Biogas, Verstromung und Wärmeerzeugung aus pflanzlichen Rohstoffen

Kaum jemand weiß, dass es über 8.000 Biogasanlagen mit einer Gesamtleistung von Über 5,2 GW in Deutschland gibt. Einige der großen Anlagen sind grundlastfähig, andere erzeugen Wärme für die Einspeisung in Nah- und Fernwärme und einige decken Spitzenstrombedarfe ab. Das auf unterschiedliche Weise gewonnene Biogas (Abfälle Lebensmittelindustrie, Gülle, Holz, Bioabfälle) wird in Generatoren verbrannt und erzeugt Strom und Abwärme. Kombiniert man ein solches Biogaskraftwerk mit einem Gasspeicher - und stellt eine kontinuierliche Versorgung mit den Ausgangsstoffe für die Gasgewinnung sicher - können solche Kraftwerke durch Entnahme von Gas aus dem Speicher sogar kurzfristige Strombedarfsschwankungen ausgleichen. Im kontinuierlichen Betrieb stellen sie die von Solar- und Windenergie nicht verfügbare Grundlast zur Verfügung.

Allerdings ist klar, dass selbst bei Einsatz aller vergärbaren Materialien nur ein Teil des Energiebedarfs in Deutschland durch Biogas abgedeckt werden kann. Das kann in anderen Regionen der Welt anders aussehen (Bevölkerungsdichte, Energiebedarf, Verfügbarkeit von biologisch und ökologisch sinnvoll verwertbaren Rohstoffen). Wichtig ist jedoch, dass die ökologische Belastung der Biogas-/Biodieselherstellung nicht ins Ausland verlagert wird. Der groß angelegte Import von Energiepflanzen aus z.B. Mittel- und Südamerika führt dort zu einem massiven Raubbau am Regenwald. Auf einem globalen Maßstab gesehen wird die Verwendung von Biogas und vor allem Biodiesel in Deutschland dann eher zu einem Problemfall.


Fazit

Die Vermutung liegt nahe, dass keine der aufgezählten und zahllosen weiteren Speichermöglichkeiten, die an Hochschulen, Instituten und in der freien Wirtschaft ersonnen werden, alleine die Antwort für das postfossile Zeitalter sein werden. Im Moment sind alle aufgeführten Speichermethoden noch erheblich teurer im Vergleich zu fossilen Brennstoffen. Ersetzte man Erdgas und Erdöl mit ihren aktuellen Preisen durch regenerativ gewonnene Energie, würden die dadurch gestiegenen Energiekosten alle industriellen Produkte signifikant teuer machen. Denn anders wie in den fossilen Primärenergieträgern muss regenerativ hergestellte Energie erst noch aufwändig in eine speicherbare Form überführt werden. Andererseits fehlen bei der Bepreisung der Energiegewinnung mit fossilen Brennstoffen nach wie vor die Umwelt-Folgekosten, welche durch die uns nachfolgende Generationen zu tragen sind. Die CO2 Zertifikate sind zumindest ein Anfang, diese verzögert eintretenden Folgekosten zu bewerten und leisten damit einen Beitrag für eine nachhaltiges Handeln.

(Februar 2020, © Gerald Friederici)