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Grüne Energie – grundlastfähig machen mit Redox-Flow-Batterien

Soll die Energiewende gelingen, bedarf es Speichermöglichkeiten für die regenerativen Energiequellen. Denn anders als Kohle- oder Atomkraftwerke fluktuiert die Stromproduktion von Solar- und Windenergie stark. Die Unterschiede zwischen  Energiebedarf und -produktion werden heute vor allem mit Gaskraftwerken und Wasserkraftwerken ausgeglichen. Doch neben dem Ausgleich von Unterschieden im Minuten- bis maximal wenige Stundenbereich gibt es die Aufgabe, regenerative Energien grundlastfähig zu machen.

Grundlast bedeutet, dass ständig ein gewisses Mindestmaß an Stromverfügbarkeit sichergestellt ist. Weder Wasserkraft, Geothermie oder z.B. Biogas-Kraftwerke habe eine auch nur annähernd ausreichende Größe und Erweiterungsmöglichkeit für diese Aufgabe. Zum Kappen von Bedarfsspitzen und Auffüllen tageszeitlich schwankender Stromangebote sind Speicher im MW-Bereich notwendig, wie sie derzeit mit Lithiumionen-Batterien realisiert werden. Diese Speicher sind jedoch teuer und sind nur als Kurzzeitspeicher geeignet.

Für die sogenannten Long Duration Energy Storage – Anwendung (also über Tage bis Wochen) eignen sich neben Wasserkraftwerken, deren Potential in Deutschland kaum ausbaubar ist, die sogenannten Redox-Flow-Batterien. Solche ESS (Energy Storage Systeme) können im Prinzip mit einer beliebigen Speicherkapazität und Leistung aufgestellt werden und decken dadurch Versorgungslücken in wind- und sonnenarmen Zeiten ab.

1. Funktionsweise einer Redox-Flow-Batterie

Redox-Flow-Batterien, auch als Flüssigbatterien bekannt, speichern Energie in Form chemischer Energie in zwei Elektrolytflüssigkeiten. Diese Flüssigkeiten, Anolyt und Katholyt genannt, werden in separaten Tanks gelagert. Wird die Flüssigkeitsbatterie geladen oder entladen, werden diese beiden Flüssigkeiten in zwei Halbzellen an einer semipermeablen Membran vorbei gepumpt.

Während des Ladevorgangs wird elektrische Energie verwendet, um eine Redox-Reaktion (daher der Name: Reduktion-Oxidation) zu induzieren. Die Ionen wandern durch die Membrane von einer Halbzelle zur anderen. In der Entladephase kehrt sich der Prozess um und die Ionen fließen zurück, wodurch Strom erzeugt wird.

Die beidseitig beschichtete Membrane ähnelt dabei in ihrer Funktion der Membrane in Brennstoffzellen. Die trennende, semipermeable Folie könnte man in Analogie zur Lithium-Ionen-Batterietechnologie auch als Separator bezeichnen.

2. Vorteile für die Energiewende

Redox-Flow-Batterien bieten mehrere Vorteile, die sie besonders für die Integration volatiler, regenerativer Energiequellen in die Stromversorgung attraktiv machen:

  • Skalierbarkeit: Speicherkapazität und Leistung können unabhängig voneinander durch die Größe der Tanks und die Anzahl der Zellen im Stack skaliert werden. Damit sind Speicher deutlich >100MWh realisierbar (Dalian, China: 800MWh). Da die elektrische Energie in den beiden Flüssigkeiten gespeichert wird, kann die Speicherkapazität durch Vergrößerung der Flüssigkeitsmenge nahezu beliebig vergrößert werden.
  • Transportierbarkeit:  Die Flüssigkeiten und die in ihnen enthaltene Energiemenge können einfach in Tankwagen transportiert werden. Aufladung und Entladung können also räumlich und zeitlich getrennt erfolgen.
  • Stromnetz: Bereitstellung netzdienlicher Leistung, auch über etliche Stunden oder Tage hinweg. Bei ausreichender Größe Bereitstellung von Grundlast-Leistung.
  • Lange Lebensdauer: Redox-Flow-Batterien haben eine deutlich längere Lebensdauer als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien und können bis zu 20 Jahre lang betrieben werden. Es sind über 10.000 Ladezyklen ohne Leistungseinbußen möglich.
  • Umweltfreundlichkeit: Je nach verwendeter Chemie sind die verwendeten Materialien unbedenklich und die Batterien sind frei von giftigen Schwermetallen (z.B. CMBlu). Andere Varianten verwenden leicht verfügbare Rohstoffe (Vanadium- und Brom-Salze, Eisen-Salze, z.B. Voltstorage).
  • Sicherheit: Redox-Flow-Batterien sind im Betrieb sehr sicher und können sich nicht selbst entzünden. Die Speichermedien bestehen aus nichtbrennbaren Komponenten.
  • Flexibilität: Die Wahl der Elektrolyte ermöglicht die Anpassung der Batterie an verschiedene Anwendungsbereiche. Der Lade- und Entladeprozess kann voneinander getrennt durchgeführt werden.
  • Speicherbare Energiemenge: Redox-Flow-Batterien können durch ihre Skalierbarkeit sowohl für die langfristige Energiespeicherung als auch für die Bereitstellung von Netzdienstleistungen eingesetzt werden. Die Umwandlungseffizienz ist im Vergleich zu Elektrolyse/Brennstoffzelle sehr hoch.
  • Kosten: Aufgrund der Langlebigkeit, dem Verzicht auf schwer verfügbare Rohstoffe und der Größenordnung an speicherbarer Energie kostengünstig
  • Selbstentladung: Aufgrund der Konstruktion mit zwei getrennten Behältern kann die Selbstentladung fast komplett und dauerhaft vermieden werden.
  • CO2 – Vorteil: Bei Speicherung von regenerativ erzeugtem Strom helfen Redox-Flow-Batterien bei der Reduktion von klimaschädlichen Gasen.

3. Anbietermarkt

Der Markt für Redox-Flow-Batterien befindet sich noch in einem frühen Stadium, es gibt aber weltweit bereits einige Anbieter. Zu den wichtigsten Unternehmen gehören:

  • Sumitomo Electric(Japan)
  • Prudent Energy (Kanada)
  • VoltStorage (Deutschland)
  • Redflow Batteries (Australien)
  • CMBlu (Deutschland)
  • Volterion (Deutschland, Heimbereich als Ersatz für LION-Solarspeicher)
  • ThyssenKrupp (Deutschland)
  • Cellcube (USA, Österreich)

In Deutschland entwickelt sich VoltStorage aufgrund seiner Ausrichtung zur Bereitstellung von sehr großen Speicherkapazitäten zum Marktführer und hat bereits mehrere Großspeicherprojekte realisiert.

Neben den kommerziellen Anbietern fertiger Lösungen gibt es zahlreiche Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, die sich um die Verbesserung und Optimierung der Technologie bemühen. Beispielhaft seien dazu die TU Braunschweig (Batterielabor), das Zentrum für Solarenergie- und Wasserstoff-Forschung ZSW in Ulm, das Fraunhofer-Institut UMSICHT, ICT und IAP sowie das Karlsruher Institut für Technologie KIT genannt.

4. Technische Herausforderungen

Trotz der Vorteile gibt es auch einige technische Herausforderungen, die bei der Nutzung von Redox-Flow-Batterien zu bewältigen sind:

  • Membrantechnologie: Die Entwicklung von kostengünstigen und hocheffizienten Membranen und Katalysatoren ist für die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer der Batterien entscheidend.
  • Materialkosten: Die Materialien für die Elektroden und Elektrolyte können kostspielig sein, was die Attraktivität eines solchen Energiespeichers für Investoren verschlechtert.
  • Pumpenleistung: Die Pumpen, die zum Durchleiten der Elektrolyten benötigt werden, verbrauchen Energie und müssen daher effizienter gestaltet werden. Sie beeinflussen die Gesamtsystem-Effizienz wesentlich.
  • Wartung und Instandhaltung: Durch die relativ hohe Komplexität und zahlreiche bewegliche Teile (Pumpen, Ventile) ist der Betrieb und die Instandhaltung deutlich aufwändiger als bei stationären Batteriespeichern.

Um die Verbreitung der Speichertechnologie zu fördern, ist z.B. von der Europäischen Comission das CORDIS-Projekt „Advanced Redox Flow Batteries for stationary energy storage“ aufgelegt worden.

5. Hinderungsgründe für die Verbreitung

Neben den technischen Herausforderungen gibt es auch einige weitere Faktoren, die die Verbreitung von Redox-Flow-Batterien behindern:

  • Hohe Anfangsinvestitionen: Die Anschaffungskosten für Redox-Flow-Batterien sind im Vergleich zu anderen Speichertechnologien noch relativ hoch. Gegenüber Lithium-Batterien existiert bei Redoxflow-Batterien noch kein ausreichender Skaleneffekt, um signifikant günstiger zu werden. Allerdings hilft die Entwicklung bei den Elektrolyseuren und Brennstoffzellen aus der Wasserstoff-Wirtschaft auch der technologischen Entwicklung bei den Redox-Flow-Batterien. 
  • Geringere Energiedichte: Die Energiedichte von Redox-Flow-Batterien ist geringer als die von Lithium-Ionen-Batterien, was sie für mobile Anwendungen weniger geeignet macht. Für stationäre Anwendungen spielt das eine geringe Rolle. Die Vorteile überwiegen hier den Nachteil eines größeren Platzbedarfs.
  • Lade- und Entladezeiten: Redox-Flow-Batterien haben im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien längere Lade- und Entladezeiten. Allerdings geht es bei Anwendungen von dieser Speichertechnologie auch nicht um ultraschnelle Ladezeiten, sondern vielmehr um eine große Lebensdauer.
  • Komplexität: Das System aus Tanks, Pumpen und Membranen macht Redox-Flow-Batterien komplexer und wartungsintensiver als Lithium-Ionen-Batterien.
  • Fehlendes Bewusstsein: Redox-Flow-Batterien sind noch relativ unbekannt, was zu einem Mangel an Akzeptanz und vermehrten Investitionen führt. Auch verunsichern fehlende Langzeit-Erfahrungen bei ESS-Großprojekten potentielle Investoren.

6. Aussicht und Fazit

Redox-Flow-Batterien haben das Potenzial, eine wichtige Rolle bei der Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen zu spielen. Die Technologie befindet sich noch im Aufbau, aber die Forschung und Entwicklung schreitet schnell voran. Mit der Bewältigung der technischen Herausforderungen und der Senkung der Kosten könnten Redox-Flow-Batterien zu einer wirtschaftlich attraktiven und nachhaltigen Speicherlösung für die Energiewende werden. Die ersten Großprojekte sind realisiert und sammeln Daten und Erfahrungen für das Scale-up der Anlagen.

Fazit: Langfristig gesehen könnten Redox-Flow-Batterien wegen ihrer Eigenschaften eine wichtige Rolle bei der längerfristigen Speicherung von Energie aus Wind- und Sonnenkraft spielen und so zu einer nachhaltigen Energieversorgung beitragen.

© Gerald Friederici, 2024

Einschub: Der Tagesverbrauch an elektrischer Energie von Deutschland beträgt rund 1,4 TWh. Davon werden rund die Hälfte  im Durchschnitt durch regenerative Energie gedeckt. Wollte man also im Winter (Dunkelflaute für die Solarkraftwerke) an windstillen Tagen die abgeforderte Leistung nur mit Pumpspeicherkraftwerken (<0,01 TWh/d) und Batterien abpuffern, wäre eine gigantische Anzahl an Lithium-Ionen-Batterien notwendig - und das nur in Deutschland. Neben Effizienzsteigerung, Einsparung und weiteren Energiequellen ist also eine geeignete Batterietechnologie für große Energiemengen extrem wichtig für die Energiewende.

Kurzfassung: 

  1. Redox-Flow-Batterien nutzen flüssige Elektrolytlösungen. Der Energiespeicher besteht aus zwei Tanks mit unterschiedlichen Elektrolytkonzentrationen.
  2. Redox-Flow-Batterien wandeln elektrische Energie in chemische Energie und umgekehrt
  3. Die speicherbare Energiemenge ist frei skalierbar (Größe der Tanks) und die Leistung skalierbar (Größe des Stack). Energiemengen im MWh- oder sogar GWh-Bereich können gespeichert werden.
  4. Sehr geringe Selbstentladung, daher gut für Langzeitspeicherung geeignet
  5. Sehr langlebig, extrem viele Ladezyklen möglich
  6. Hoher Wirkungsgrad (sehr gute Umwandlungseffizienz in Richtung Lithium-Batterien)
  7. Grundlastfähig bei ausreichender Größe
  8. Ideal für Ausgleich von Schwankungen bei Wind- und Solarenergie
  9. Nachhaltig und deutlich weniger gefährlich (keine Brandgefahr)
  10. Geringe Leistungsdichte, daher nur für stationäre Anwendungen geeignet
  11. Noch geringe Verbreitung, daher hohe Kosten, kein Economy of Scale bei den meisten Herstellern
  12. Weltweit entwickeln zahlreiche Firmen verbesserte Redox-Flow-Batterien
  13. Fortschritte in Entwicklung und Produktionstechnik werden die Technologie vorantreiben – es wird ein signifikante Anteil am Speichermarkt (ESS) erwartet.