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Energiespeicher für die Wende - eine Übersicht

Sonne scheint nicht immer und der Wind weht nicht konstant – diese Erkenntnis ist inzwischen Allgemeinwissen. Für viele auch nicht mehr überraschend: Deshalb kommen Energiespeicher ins Spiel – sie sind das Rückgrat einer stabilen und zuverlässigen Energieversorgung der Zukunft. Ohne effiziente Speichermöglichkeiten ist eine erfolgreiche Energiewende bis 2040 kaum vorstellbar.

Energiespeicher ermöglichen es uns, überschüssige Energie in Zeiten hoher Produktion zu speichern und bei Bedarf wieder abzurufen. Dies glättet die Schwankungen im Stromnetz, erhöht die Netzstabilität und ermöglicht eine deutlich höhere Integration erneuerbarer Energien. Darüber hinaus können sie dazu beitragen, Lastspitzen abzudecken und die Abhängigkeit von konventionellen Kraftwerken zu reduzieren.

Doch welche Möglichkeiten gibt es überhaupt, Energie zu speichern? 

Im Folgenden werden zehn verschiedene Speichermöglichkeiten für elektrische Energie und Wärmeenergie vorgestellt. Diese Aufzählung ist weder vollständig noch berücksichtigt sie potentielle Durchbrüche hinsichtlich Effizienz, Kosten, zukünftige wissenschaftliche Erkenntnis oder politisch- und gesellschaftliche Änderungen in der Beurteilung.

1.) Flüssige Luft Energiespeicher (LAES - Liquid Air Energy Storage)

Bei dieser Methode wird mit überschüssig verfügbarer elektrischer Energie Luft stark gekühlt und verflüssigt (bei -196 °C). Die flüssige Luft wird gespeichert und bei Bedarf verdampft, wobei das expandierende Gas eine Turbine antreibt. Solche Anlagen befindet sich noch in der Demonstrationsphase. Ein erheblicher Nachteil ist der Energieaufwand, der notwendig ist, die Anlage beim Verdampfen zu erwärmen.

2.) Aquiferspeicher, Speicherbecken

Speicherung sehr großer Wärmemengen über eine längere Zeit im Erdreich (Grundwasserleiter) oder in oberirdischen, großen Becken. Ziel ist überschüssige Wärme im Sommer einzuspeichern und im Winter für Heizzwecke zu nutzen. Potentiell können so Terawattstunden an Wärmeenergie gespeichert werden. Die Umsetzung ist allerdings technisch aufwändig und erfordert enorme initiale Kosten. Bei Grundwasserspeichern kommen geologische Herausforderungen und Korrosion hinzu, während oberirdische Warmwasserspeicher mit Wärmeverlusten kämpfen und der große Flächenbedarf auf Widerstand stoßen kann (siehe Pumpspeicherkraftwerke).

Trotz dieser Herausforderungen wird intensiv an Lösungen geforscht. Das erhebliche Potenzial für die saisonale Speicherung großer Wärmemengen, insbesondere im urbanen Raum und für Fernwärmenetze, macht Aquiferspeicher und Wärmespeicherbecken zu einer wichtigen Technologie für die zukünftige Energieversorgung. Erfolgreiche Umsetzungen von Versuchsanlagen z.B. in Dänemark geben Grund zur Hoffnung.

3.) Druckluftspeicher (CAES - Compressed Air Energy Storage)

Druckluftspeicher speichern elektrische Energie, indem sie Luft unter hohem Druck in großen unterirdischen Kavernen (z.B. Salzstöcken oder stillgelegten Bergwerken) komprimieren. Bei Bedarf wird die Druckluft freigesetzt und treibt über Turbinen Generatoren an, um Strom zu erzeugen. Die Technologie ist prinzipiell ausgereift und wird seit Jahrzehnten kommerziell genutzt. Es gibt jedoch nur wenige Anlagen weltweit (z.B. Huntorf in Deutschland und McIntosh in den USA). Neuere Varianten, sogenannte "Advanced CAES", versuchen, die Effizienz durch die Nutzung der bei der Kompression entstehenden Wärme zu verbessern. Allerdings sind die geografischen Anforderungen an geeignete Kavernen ein limitierender Faktor. Die Effizienz und die Notwendigkeit von fossilen Brennstoffen (in den meisten aktuellen CAES-Anlagen zur Erhitzung der expandierten Luft, daher Wirkungsgrad oft nur ca. 50%) sind weitere Herausforderungen. Eine breite Skalierung ist aufgrund der spezifischen Standortbedingungen unwahrscheinlich, aber als Nischenlösung für Langzeitspeicherung in geeigneten Regionen denkbar.

4.) Schwerkraftspeicher (Gravity Energy Storage)

Bei Schwerkraftspeichern wird elektrische Energie in potenzielle Energie umgewandelt, indem schwere Massen (z.B. Blöcke aus Beton oder Sand) mechanisch angehoben werden. Bei Bedarf werden diese Massen wieder abgesenkt, wodurch Generatoren angetrieben und Strom erzeugt wird. Konzepte reichen von speziellen "Türmen" mit Hebevorrichtungen bis hin zu unterirdischen Systemen. Diese Technologie befindet sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium, meist auf Pilot- oder Demonstrationsprojektniveau (z.B. Gravitricity, GB). Es gibt noch keine kommerziell breit genutzten Anlagen. Die Umsetzung dieser Technologie im großen Maßstab ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. Die Skalierbarkeit ist eine Herausforderung, da große Massen und beträchtliche Höhenunterschiede oder Strukturen erforderlich sind. Die Wirtschaftlichkeit muss sich noch beweisen und der Platzbedarf kann bei entsprechenden Energiemenge erheblich sein. Die Speicherdichte liegt um etliche Größenordnungen unter der von z.B. Batterieelektrischen Speichersystemen. Als Nischenlösung für spezifische Standorte ist sie denkbar, aber eine breite Anwendung ist unwahrscheinlich.

5.) Schwungrad-Speicher (Flywheel Energy Storage)

Schwungradspeicher wandeln elektrische Energie in kinetische Rotationsenergie um. Ein schweres Schwungrad wird von einem E-Motor auf sehr hohe Drehzahlen beschleunigt. Wenn Energie benötigt wird, verlangsamt sich das Schwungrad und die Rotationsenergie wird im E-Motor, der dann als Generator betrieben wird, wieder in Elektrizität umgewandelt. Um Reibungsverluste zu minimieren, laufen die Schwungräder oft im Vakuum und auf Magnetlagern. Die Technologie ist ausgereift und wird bereits kommerziell eingesetzt, hauptsächlich für Kurzzeitspeicherung und zur Frequenzstabilisierung in Stromnetzen, z.B. in Rechenzentren oder für die Bahnstromversorgung. Schwungräder z.B. von Voltfang oder MTU solutions eignen sich hervorragend für sehr schnelle Lade- und Entladezyklen und zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen. Durch ihre nahezu unbegrenzte Anzahl an Ladezyklen sind sie im Vorteil gegenüber Batterie. Für die Langzeitspeicherung großer Energiemengen sind sie jedoch aufgrund der Energieverluste über längere Zeiträume und der Kosten pro Speicherkapazität weniger geeignet. Ihre Rolle wird voraussichtlich auf Nischenanwendungen beschränkt bleiben.

6.a) Redox-Flow-Batterien, freie Skalierung von Kapazität und Leistung

Diese elektrochemischen Batterien speichern Energie in flüssigen Elektrolyten, die in externen Tanks gelagert werden. Die Leistung und die Speicherkapazität sind dabei entkoppelt. Sie eignen sich für mittel- bis langfristige Speicherung. Das Vanadium-Redox-Flow-System (z.B. CMBlu Energy; Solarpark Schattendorf, Österreich) ist das am weitesten entwickelte, Firmen wie Jena Flow Batteries forschen jedoch auch an anderen Lösungen.

Redox-Flow-Batterien sind marktreif und werden in Pilotprojekten und ersten kommerziellen Anwendungen eingesetzt. Die Eisen-Luft-Batterie und ähnliche Konzepte zur Eisenoxidation sind noch in der Forschung und Entwicklung. Redox-Flow-Batterien werden in immer stärkerem Maß eingesetzt. Sie bieten eine gute Skalierbarkeit für größere Speicherkapazitäten im MW-Bereich, lange Lebensdauer und sind nicht-brennbar. Sie sind eine vielversprechende Option für die Langzeit- und Großspeicherung, insbesondere im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien.

6b.) Oxidation von Eisen (Eisen-Luft-Batterien, chemische Wärme- und Stromspeicher)

Bei dieser Technik (z.B. ETH Zürich) wird die reversible Reaktion von Eisen mit Sauerstoff genutzt. Eisen wird oxidiert (Rostbildung) und dabei Wärme freigesetzt, die entweder für Fernwärme oder zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Bei Energiezufuhr kann das Eisen wieder reduziert werden. Konzepte reichen von reinen Wärmespeichern bis zu Batterien.

Die Forschung an Eisenoxydationsspeichern ist noch intensiv und die Effizienz sowie die Lebenszyklen sind noch nicht ausreichend für eine breite kommerzielle Anwendung. Das Potenzial für sehr kostengünstige und sichere Speicher ist jedoch hoch, sollte die Forschung erfolgreich sein. Bislang befindet sich das Ganze noch im frühen Entwicklungsstadium.

7.) Wasserstoff als Energiespeicher (Hauptvertreter der Power-to-X Technologien)

Wasserstoff gilt als vielseitiger Energieträger. Er kann mittels Elektrolyse (Power-to-Gas) aus überschüssigem erneuerbarem Strom erzeugt werden. Der Wasserstoff kann dann in Drucktanks, unterirdischen Kavernen oder als flüssiger Wasserstoff gespeichert werden. Bei Bedarf kann er in Brennstoffzellen wieder in Strom umgewandelt oder direkt als Brennstoff (z.B. in Gasturbinen oder für industrielle Prozesse) genutzt werden. Die Elektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff ist eine etablierte Technologie, wenn auch noch nicht in der für die Energiewende nötigen Skalierung und Effizienz. Brennstoffzellen sind ebenfalls kommerziell verfügbar, aber teuer. Die Infrastruktur für Speicherung und Transport von Wasserstoff muss noch massiv ausgebaut werden.

Die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung in der Zukunft ist sehr hoch, aber mit erheblichen Herausforderungen (Skalierung, Economy of Scale) verbunden. Wasserstoff hat das Potenzial, als Langzeit- und Großspeicher eine zentrale Rolle zu spielen, insbesondere für saisonale Speicherung und die Sektorenkopplung (Industrie, Verkehr, Wärme). Die hohen Wirkungsgradverluste bei der Umwandlung von Strom zu Wasserstoff und zurück sind jedoch ein wichtiger, derzeit begrenzender Faktor. Eine breite Etablierung hängt stark von der Entwicklung kostengünstiger und effizienter Technologien sowie dem Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur ab.

8.) Flüssigsalz-Thermospeicher

Diese Speicher nutzen die hohe Wärmekapazität von geschmolzenen Salzen (oft eine Mischung aus Nitratsalzen) bei bis zu 600°C, um thermische Energie zu speichern. Die Salze werden durch elektrische Energie (z.B. von Solarthermie-Kraftwerken) oder überschüssige Wärme erhitzt und in isolierten Tanks gelagert. Bei Bedarf kann die Wärme zur Stromerzeugung über Dampfturbinen genutzt oder direkt als Prozesswärme abgegeben werden. Ähnliche Konzepte nutzen andere flüssige Medien oder sogar flüssiges Metall.

Salzspeicher sind sehr ausgereift und werden seit Jahren erfolgreich in kommerziellen Solarthermie-Kraftwerken eingesetzt (z.B. Gemasolar in Spanien, Andasol in Spanien, Cerro Dominador in Chile). Geschmolzenes Salz ist ein ausgezeichnetes Medium für die Langzeit- und Großspeicherung von Wärme, insbesondere in industriellen Prozessen oder in Kombination mit konzentrierenden Solarthermie-Anlagen. Für die direkte Speicherung von elektrischer Energie (Stromwärme) und deren Rückumwandlung in Strom ergeben sich jedoch Umwandlungsverluste, was sie weniger effizient macht als andere elektrische Speicher. Ein Vorteil ist die mögliche Nutzung der vorhandenen Technik in umfunktionierten Kohlekraftwerken. Dabei wird der Teil der Anlage weiter genutzt, in dem aus Heißdampf Strom erzeugt wird (Turbine, Stromgenerator).

9.) Wasserkraft-Speicher (Pumpspeicherkraftwerke)

Pumpspeicherkraftwerke sind die am weitesten verbreitete und etablierteste Form der elektrischen Energiespeicherung. Bei überschüssigem Strom wird Wasser von einem unteren Reservoir in ein höheres gepumpt (Speicherung von potenzieller Energie; ähnlich Schwerkraft-Speicherkraftwerke). Bei Strombedarf fließt das Wasser durch Turbinen zurück in das untere Reservoir und erzeugt dabei Strom. Pumpspeicherkraftwerke sind extrem ausgereift und seit über 100 Jahren kommerziell im Einsatz. Sie sind ein Rückgrat der Netzstabilität in vielen Ländern. Die vorwiegende Begrenzung bei Einsatz von Pumpspeicherkraftwerken sind die geografischen Gegebenheiten und die Akzeptanz. Pumpspeicherkraftwerke sind äußerst effizient und flexibel. Doch für ihren Betrieb braucht es geeignete Standorte mit natürlichen Höhenunterschieden und Wasserverfügbarkeit. Das Ausbaupotenzial in vielen dicht besiedelten Regionen ist begrenzt, da die Umgestaltung der Landschaft einen nicht unerheblichen Eingriff darstellt.

10.) Lithium-Ionen-Akkus (Hauptvertreter der Elektrochemischen Akkumulatoren)

Lithium-Ionen-Akkus (LIB) sind elektrochemische Energiespeicher, die Energie in Lithium-Ionen speichern. Sie zeichnen sich durch hohe Energiedichte, hohe Effizienz und lange (aber nicht unbegrenzte) Lebensdauer aus. Speicher basierend auf LIB sind sehr ausgereift und weit verbreitet, insbesondere in mobilen Anwendungen (Smartphones, Laptops, Elektrofahrzeuge). Sie werden wegen ihrer guten Verfügbarkeit zunehmend auch in stationären Anwendungen für Stromnetze eingesetzt. Lithium-Ionen-Akkus sind die derzeit dominante Technologie für kurz- bis mittelfristige Energiespeicherung im Netzmaßstab. Ihre Kosten sinken stetig, ihre Energiedichte steigt, und die Lebensdauer verbessert sich. Sie sind flexibel einsetzbar, von Heimspeichern über Quartierlösungen bis hin zu großen Netzspeichern. Herausforderungen bleiben die Verfügbarkeit von Rohstoffen, Recycling und die thermische Stabilität bei bestimmten Zellchemien, aber die Weiterentwicklung schreitet rasant voran.

Saisonspeicher über Monate

Eine realistische, umsetzbare Lösung für eine effiziente saisonale Speicherung von überschüssiger Energie vom Sommer in den Winter ist noch nicht gefunden. Solche über die Bundesrepublik verteilte Speicher müssten sehr große Mengen Energie aufnehmen können und trotz des sehr langsamen "Lagerumschlag" der gespeicherten Energiemenge dennoch wirtschaftlich betrieben werden können.

Vielfalt ist der Schlüssel 

Die Energiewende erfordert einen Mix aus verschiedenen Speichertechnologien. Während Lithium-Ionen-Akkus und Pumpspeicherkraftwerke derzeit die Speichermärkte dominieren, werden zukünftig weitere Technologien wie Redox-Flow-Batterien und Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielen, um die spezifischen Anforderungen an Speicherdauer, Kapazität und Kosten zu erfüllen. Die kontinuierliche Forschung und Entwicklung in diesem Bereich ist unerlässlich, um die Herausforderungen der volatilen erneuerbaren Energien zu meistern und eine nachhaltige und sichere Energieversorgung zu gewährleisten.

Der akute Bedarf an effektiven Speichermöglichkeiten macht es allerdings unerlässlich, die Weiterentwicklung zunächst auf die bereits am weitesten fortgeschrittenen Ansätze zu fokussieren.

 

August 2025