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Solarenergie aus Wüstenregionen: Herausforderungen, Lösungsansätze und Risiken

Die Solarenergie spielt eine entscheidende Rolle bei der globalen Energiewende. Wüstenregionen, mit ihrer hohen Sonneneinstrahlung und weiten, unbesiedelten Flächen, scheinen auf den ersten Blick der ideale Standort für die Errichtung großer Solarkraftwerke zu sein. Doch trotz dieser offensichtlichen Vorteile birgt die Nutzung der Sonnenenergie in Wüstengebieten eine Reihe spezifischer und komplexer Herausforderungen, die weit über die Schwierigkeiten bei der Installation in gemäßigten Zonen hinausgehen.

Sand und Staub: Die größte Herausforderung 

Sandstürme und feine Staubpartikel sind die wohl prominenteste Schwierigkeit in Wüstenregionen. Die Ablagerung von Staub auf den Solarpanels, ein Phänomen, das als „Soiling“ bezeichnet wird, hat erhebliche Auswirkungen auf die Effizienz der Anlage. Staubpartikel blockieren die Sonneneinstrahlung und reduzieren so die Menge an Licht, die die Photovoltaikzellen erreicht. Eine Studie des MIT hat gezeigt, dass die Leistung einer ungereinigten Solaranlage in staubigen Regionen innerhalb weniger Wochen um bis zu 40% sinken kann. Zudem kann die ungleichmäßige Ablagerung von Staub zu sogenannten „Hotspots“ führen, bei denen sich Bereiche auf dem Panel übermäßig erhitzen, was die Zellen dauerhaft schädigen und die Lebensdauer der Anlage verkürzen kann.

Da Regen als reinigende Option ausfällt, ist die manuelle oder mechanische Reinigung der riesigen Panel-Flächen extrem aufwendig, teuer und verbraucht große Mengen an Wasser – eine Ressource, die in Wüstenregionen ohnehin knapp ist. Vielversprechende Lösungsansätze sind robotergestützte Reinigungssysteme, die eine automatisierte, oft wasserlose Reinigung ermöglichen. Auch spezielle Nanobeschichtungen, die Staub und Wasser abweisen, können die Selbstreinigung durch Wind oder leichte Niederschläge erleichtern. Eine vielversprechende, noch in der Entwicklung befindliche Technologie nutzt elektrostatische Felder, um Staubpartikel von der Oberfläche zu bewegen, was als elektrodynamische Staubentfernung bekannt ist. Allerdings sind alle diese Verfahren technisch anspruchsvoll und erfordern einen entsprechend aufgebauten Solarpark und ausgebildetes Fachpersonal sowie die entsprechenden Ressourcen.

Extreme Temperaturen 

Wüsten sind bekannt für ihre extremen Temperaturschwankungen, die sowohl die Effizienz als auch die Haltbarkeit von Solaranlagen beeinträchtigen. Hohe Umgebungstemperaturen führen dazu, dass sich die Solarzellen stark erhitzen. Bei den meisten Silizium-basierten Solarzellen sinkt der Wirkungsgrad mit steigender Temperatur. Pro Grad Celsius über einer Referenztemperatur von 25°C kann der Wirkungsgrad um 0,3% bis 0,5% fallen. Zusätzlich belasten die starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht das Material der Panels, Kabel und Wechselrichter. Dies kann zu Rissen, Ausdehnung und Kontraktion führen, was die mechanische Integrität und die elektrische Isolationsfestigkeit beeinträchtigt.

Mögliche Lösungen hierfür sind verbesserte Kühlsysteme, wie z.B. die Verwendung von reflektierenden Rückseitenfolien oder die Optimierung der Panel-Anordnung für eine bessere Luftzirkulation. Zudem ist die Auswahl von Kabeln, Wechselrichtern und Befestigungsmaterialien, die für extreme Temperaturbereiche zertifiziert sind, unerlässlich.

Infrastruktur und Logistik 

Wüstenregionen sind oft abgelegen, was die Errichtung und den Betrieb von Solaranlagen erheblich erschwert. Der Transport von schweren Bauteilen wie Panels, Wechselrichtern und Montagesystemen über unwegsames Gelände ist logistisch anspruchsvoll und kostspielig. Auch die Bereitstellung von Fachpersonal, Ersatzteilen und Werkzeugen für Wartungsarbeiten ist aufgrund der Entfernung zu städtischen Zentren eine Herausforderung. Darüber hinaus muss die erzeugte Energie über oft Tausende von Kilometern bis zu den Verbrauchszentren transportiert werden. Der Bau von Hochspannungsleitungen in der Wüste ist teuer und erfordert spezielle Schutzmaßnahmen. Ab einer gewissen Übertragungsstrecke (> 1.000 km) funktioniert das auch nur über Hochspannungsgleichstrom-Übertragung (HGÜ), die einen zusätzlichen Kostenfaktor (und Fehlerrisiko) darstellen.

Um diese Probleme zu bewältigen, können modulare und leichte Bauweisen genutzt werden, die einfacher zu transportieren und zu montieren sind. Die lokale Ausbildung von Fachpersonal kann die Abhängigkeit von externen Arbeitskräften reduzieren. Zusätzlich kann die Kopplung der Solaranlagen mit großen Batteriespeichern die Energieverteilung optimieren und die Belastung der Netzinfrastruktur verringern.

Krisengeschüttelte Regionen

Nicht zuletzt bleibt immer auch die politische Stabilität in der Region, in der solche Anlagen aufgebaut werden, eine herausfordernde und wichtige Entscheidungsgrundlage. Denn so große Solaranlagen und die dafür notwendige Anschlusstechnik an ein Übertragungsnetz werden für einen Zeitraum von Dekaden aufgebaut. Fernleitungsübertragungen sind zudem eine leicht zu störende Infrastruktur (Machtkämpfe, Bürgerkrieg), mit der auch die angeschlossenen Netze (z.B. Europa an Stromproduktion aus der Sahara) massiv beeinflusst werden könnten.

Die Errichtung von Solaranlagen in Wüstenregionen bietet enorme Potenziale für die nachhaltige Energieerzeugung, ist jedoch mit signifikanten technischen, logistischen und wirtschaftlichen Herausforderungen verbunden. Die Bewältigung von Problemen wie Staubablagerungen, extremen Temperaturen und infrastrukturellen Defiziten erfordert innovative technologische Lösungen und eine sorgfältige Planung. Durch die kontinuierliche Forschung und Entwicklung von robotergestützten Reinigungssystemen, hitzebeständigen Materialien und fortschrittlichen Speichersystemen kann das volle Potenzial der Solarenergie in den Wüsten der Welt ausgeschöpft werden. Die globale Energiewende wird maßgeblich davon abhängen, wie erfolgreich es gelingt, diese einzigartigen Standorte zu erschließen und zu nutzen.

Wäre das alles einfach zu lösen, würden wir von dem Projekt "Desertec" nicht in der Vergangenheitsform schreiben müssen.

Anmerkung: Dass es kein prinzipiell unüberwindliches Hindernis darstellt, Solaranlagen in der Wüste aufzustellen, zeigen Länder, die in ihrem Staatsgebiet solche Gegenden haben: Die Anlagen in der Mohave-Wüste in den USA (insges. einige GW) genauso wie die gewaltigen Solaranlagen in Chinas Kubuqi (~100GW)- und Gobi-Wüste beweisen das eindrücklich!

 09.2025