09.07.2009 Ein anstrengender Tag – Val di Lagorei
Lange, abwechslungsreiche Wanderung durch ein Hochtal
Der Morgen beginnt komplett bedeckt. Zum Glück sind die Wolken aber oberhalb der Berggipfel. Also fahren wir von unserem Nachtplatz bei Maso hinunter ins Dorf (was für schmale Sträßchen) und kaufen dort die letzten 4 Brötchen beim Bäcker.
Dann über gut ausgebaute Straße hinauf zur Mittelstation (1230 m) der Seilbahn Cermis Alpe. Der Parkplatz bei der Station ist wohl nicht für größere Besucherströme ausgelegt. Wir parken auf dem Betriebsgelände und kaufen zwei Fahrkarten bis ganz hinauf (pro Person 8 EUR).
Dann geht es zunächst mit einer Kabinenbahn hinauf zum Eurotel 2000. Hier wechseln wir auf einen offenen Sessellift, der uns sanft hinauf auf 2229 m trägt. Die Gipfelstation heißt Paion del Cermis und ist eine kleine Ansammlung von Hütten mit viel Sonnenterrassen und breiten, kahlen Skiabfahrten drumherum.
Direkt hinter der Hütte beginnt links neben der Skiabfahrt ein schmaler Pfad durch einen kleinen Rest Bergwald. Es ist nicht viel mehr als ein kurzer Ausflug, dann steht man an der Forc. di Bombasel. Steil geht es hinein in die Scharte, wobei der Abstieg mit Treppenstufen und einem Seil erleichtert wird.
Gegenüber sieht man schon den von Gletschern flach geschliffenen Buckel, den man wieder ansteigen muss.
Uns geht hier auf dem Weg langsam die Sonne verloren. Immer mehr Wolken quellen empor und verdecken die Sonne.
Als wir nach etwa einem Kilometer am hübsch gelegenen See Bombasel ankommen, ist nichts mehr übrig von dem recht heiteren Tagesauftakt.
Beim Aufstieg auf den Pass „Forc. di Macaco“ (2278 m) erkennen wir rückblickend, dass es hier noch mehr Seen gibt. Auf dem Pass liegt noch ein Altschneefeld, aber darum herum blüht ein wahres Blumenmeer.
Der schmale Wiesenpfad in dem sehr steilen Hang führt einen denn auch an allem vorbei, was die Flora hier so zu bieten hat. Sogar Türkenbundlilien sind zu sehen.
Was zunächst noch bequem aussah, wird zum Talende hin dann doch steiler und rutschiger.
Wir erreichen schließlich ein großes Altschneefeld, das so aussieht, als ob es der Rest einer Lawine ist. Überall sind Steinbrocken und abgerissene Baumteile eingebacken. Dieses Schneefeld erleichtert uns den Abstieg in den flacheren Teil des Tal Lagorai erheblich.
Kurz darunter baue ich an einem schrägen Stein zwei Sitze, so dass wir bequem angelehnt an den Fels die Mittagspause beginnen können. Leider werden wir allerdings später von einem Regenschauer belästigt. Aber die großen Regenschirme nützen auch bei dieser Tätigkeit vor allzu großer Nässe.
Wir bedauern es sehr, dass die Sonne nicht scheint. Die Wiesen um die Malga Fraton (1751 m) sind so schön bunt.
Der Lagorei ist mit 600 m Länge der größte See in dieser Gegend. Und auch er könnte ein blaues Spiegelbild des Himmels gebrauchen. Doch was nicht ist, dass ist eben nicht.
Am Seeende hat sich viel Totholz angesammelt, das von den Lawinen zeugt, die hier auch im vergangenen Winter wieder den Bannwald geschwächt haben.
Die kleine, unbefestigte Straße ist aus dem Fels gesprengt worden. Sie führt unmittelbar am Wasser entlang und später über eine Brücke, unter dem das abfließende Seewasser rauschend hindurchströmt.
Erst sehr viel später und etliche Höhenmeter tiefer hat man einen Eindruck von den Wassermassen, die sich in die Tiefe stürzen.
Die schmale Straße ist mit Felsplatten ordentlich gepflastert. Das Ganze macht einen sehr soliden Eindruck und stammt aus dem ersten Weltkrieg. Die Kriegsstraße wurde von den Österreichern zur Versorgung der hier durchgehenden Front erbaut.
Steil fällt der Weg nun etwa 500 Höhenmeter bergab. Immer wieder wechseln sich gepflasterte Stücke mit unbefestigten Feinsplittstücken ab. Alles immer am Rand des Rutschens – so steil geht es bergab. Der Bergwald mit den vielen hohen, alten Bäumen soll den Reichtum des Fleimstals mit begründet haben.
Wir erreichen eine Stelle oberhalb einer Wiese, die in unserem DuMont Wanderführer beschrieben ist. Da klar ist, dass wir hier richtig sind, machen wir eine kurze Pause und beobachten die große Schafherde, die den Talgrund füllt. Neugierig werden wir in die Grasrupferei mit eingebunden.
Dann geht es über eine schmale Holzbrücke und gegenüber zu einer Malga die Forststraße hinauf. Ab hier gingen wir falsch, was wir zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wussten. Denn der Führer und einige Markierungen mit dem Weg 6 bestätigten uns: hier sind wir richtig.
Für denjenigen, der die Tour nachwandern will: Es geht noch etwas weiter bergab bis zu dem Abzweig, an dem der neue Weg 6 zur Mittelstation abzweigt (einfach Beschilderung folgen).
Wir aber steigen auf der sehr gepflegten, aber wohl sehr selten benutzter Waldstraße etwa 150 Höhenmeter wieder auf, damit wir um die Bergnase herum wieder zur Seilbahn gelangen können.
Mitten im Hang hört die Forststraße plötzlich auf. Wegen eines umgestürzten Baumes sehen wir die Weiterführung zunächst gar nicht. Doch dann entdecken wir an einer Felswand das neu aussehende Wegzeichen „6“ und folgen dem Pfad. Ein wenig mosern wir über den ungepflegten Zustand, denn etliche umgefallene Bäume sind zu überwinden.
Wären nicht weiterhin Wegzeichen da gewesen, wir hätten womöglich früher umgedreht. So aber folgen wir der immer vager werdenden Spur immer tiefer in den steilen Hangwald hinein.
An den Stellen, wo kleine Quellen entspringen, überwuchert üppig die feuchtigkeitsliebende Vegetation den Weg.
Schließlich gelangen wir an eine steile Bacheinkerbung. Vor lauter tellergroßen Blättern sieht man kaum den Untergrund. Zwei Bäume liegen schräg in der kleinen Schlucht und erlauben – vorsichtig balancierend – den Übergang auf die andere Seite. Dort heißt es, sich in den Boden krallen und die steile Flanke empor steigen.
Dann scheint der Weg zu Ende zu sein. Unten drunter ist nichts mehr zu sehen. Doch etwa 30m weiter oben sind die blauen Striche, die man hier überall im Wald sieht. Und tatsächlich ist dort eine alte Wegspur. Die endet leider allerdings auch sehr bald in einem weiteren, steilen Tal mit rauschendem Bach. Hier scheint der Ende des Weges endgültig gekommen.
Doch wir wollen nicht umdrehen.
Über den Wipfeln der Tannen sehen wir ein kurzes Stück der Seilbahn und wissen daher, dass es nicht mehr weit ist zu einem besseren Weg.
Also steigen wir durch die üppige und oft rutschige Vegetation zu dem Bach hinab und queren ihn mithilfe einiger gefällter Bäume. Die Stämme sind vorne abgerundet und wurden hier hinabrutschen gelassen. Wir wundern uns noch, wer diese Stämme hier heraus holen soll.
Doch nach steilem Anstieg auf der anderen Seite erreichen wir noch unterhalb der Seilbahntrasse einen Forstweg. Der hört allerdings am Wasserfall oberhalb unserer Querungsstelle ohne Fortsetzung auf der anderen Talseite einfach auf. Aber von hier lassen sich die Stämme wohl per Winde aus dem Bachtal bergen.
Uns ist klar geworden: Da ist wohl der alte Weg 6 irgendwie durch Erdrutsche verloren gegangen. Uns haben die nicht entfernten alten Markierungen allerdings viel Zeit, Nerven und Anstrengung gekostet.
Wir wandern talauswärts und erreichen bald die Skiabfahrt. Dieser folgen wir ziemlich steil hinab, um möglichst bald das Auto zu erreichen. Mit geschundenen Knien erreichen wir nach 1250 m Abstieg und etwa 12km Wegstrecke wieder das Auto.
Obwohl es spät ist, fahren wir noch bis Radein, wo wir auf einem schmalen Platz an einer halböffentlichen Waldstraße übernachten. Der einsetzende Regen kam zum Glück erst eine Stunde nach dem Erreichen des Autos – denn das hätte uns bei der Querung der Täler noch gefehlt.
Die Wanderung an sich ist sehr schön und empfehlenswert. Bis zum See Lagusel ist es eine schöne alpine Tour, man muss allerdings im letzten Drittel einen langen, steilen Abstieg in Kauf nehmen.