Der äußerste Norden - die Orkneys
Der Morgen beginnt mit dichtem Nebel. Aber die Wettervorhersage meint, dass es noch klarer werden soll. Nun gut, was macht man, wenn man in John O`Groats ist? Natürlich die Orkney Inseln besuchen. Direkt vom "Letzten Haus" in Schottland fährt eine Personenfähre hinüber zum Mainland. Für 50 bzw. 55 Pfund kann man eine Fährfahrt mit Busrundfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten buchen.
Etwa 3 Meilen weiter liegt Gills Bay. Von dort verkehrt eine Autofähre hinüber nach St. Magarets Hope. Der Katamaran ist nicht allzu groß, sodass frühzeitige Anmeldung (ein Tag vorher) angeraten ist. Sie fährt morgens um 9.30 und Abends 17.30 (2014). Die Fährfahrt mit Camper kostet 35 Euro. Pro Person kommen 15 Euro hinzu. Da ist die Entscheidung nicht schwer, mit dem eigenen Wagen hinüber zu fahren und sich sein Besuchsprogramm selbst zusammen zu stellen.
Leider ist auch an den Barrikade-Schiffen der Scapa Flow noch immer Nebel. Allerdings ist auch nicht mehr wirklich viel zu sehen von den 1942 versenkten Schiffen zu sehen. Sie dienten als Schutz vor U-Boot Angriffen der Deutschen auf die hier stationierte Nordmeerflotte.
Biegt man nach der dritten Barrikade nicht nach links Richtung Kirkwall ab, sondern recht Richtung Skaill, erreicht man nach 5 Meilen das Ende der Strasse am Mull Head Nature Reserve. Zwei Karten zeigen den Weg um die Inselspitze herum.
Mull Head Nature Reserve
Nur wenige Meter vom Parkplatz entfernt öffnet sich im Wiesenboden eine etwa 30x100m lange und gewiss 40m tiefe Spalte, in der Meerwasser glucksende Geräusche erzeugt. Daher der Name The Gloup. Beeindruckend tief und düster steht die Spalte in unterirdischer Verbindung mit dem Meer.
Die Küste ist in riesigen Platten strukturiert. Der Sandstein liegt hier fast waagrecht und das Wasser strömt zum Teil wie über einen Betonboden. Sehr beeindruckend.
Der Wanderweg folgt, je nach Geschmack, sehr dicht der Felskante oder man geht etwas weiter innen auf einem bequemen Wiesenpfad. Die ganze Halbinsel von Mull Head ist komplett baumfrei und überwiegend Wiese oder Weide.
Nach rund einem Kilometer erreicht man einen zerklüfteten Teil der Küste. Schräg geschichtete Felstürme stehen als einzelne, kleine Inseln vor der senkrechten Abbruchkante der mild daliegenden Wiesen. Ein einzelnes Schild weißt auf Brouch of Deerness hin, die Überreste einer alten Kirche aus etwa dem Jahre 1000. Man erreicht sie, indem man über die Holztreppe hinab zum Strand absteigt. Natürliche Felsstufen leiten dann durch einen düsteren Spalt im Felsen bergan. Der Pfad ist schmal und etwas ausgesetzt, aber eine feste Kette sichert den Weg hinauf. Oben auf dem grasbewachsenen Kopf sieht man sofort die Mauerreste. Über mehrere Jahrhunderte wurde dieser Ort als ein Kirchenplatz genutzt. Schöne Aussicht auf die roten Sandsteinklippen auf dem Weiterweg.
Leider zog an beiden Tagen sehr dichter Nebel auf, so dass es sich nicht lohnte, die ganze Tour zu gehen. Sie dürfte etwa 6km Länge haben, ist dabei aber weitgehend eben. Sehr lohnend.
Standing Stones of Stenness, Ring of Brodgar
Auf der A960 dann nach Kirkwall und dann daran vorbei auf dem A965 Richtung Stenness. Hier weißen die braunen Schilder für touristische Sehenswürdigkeiten den Standing Stone of Stenness als erstes aus.
Die bis zu 6m hohen, sehr schmalen Steinplatten stehen beeindruckend inmitten einer Einzäunung, die jedoch frei zugänglich ist.
Keine 500m weiter wir an einer weiteren Fundstätte in großem Stil gegraben. Man kann gespannt sein, was dort in einigen Jahren zu sehen ist (Ness of Brogar). Und erneut weniger einen Kilometer weiter nach Westen zwischen Loch of Harray und Loch of Stenness liegt der Ring of Brodgar. Die beeindruckende Steinkreis- und Wallanlage ist mehr als 4000 Jahre alt und besteht aus etwa 25 stehenden Steinen. Von einem kleinen Parkplatz sind es nur wenige Meter bis zu dem Ring, der etwas erhöht liegt. Beeindruckend.
Skara Brae
Die Strasse weiter nach Nordwesten folgend kommt man nach Hestwall und Aith. Etwa 3 Meilen weiter liegt das Skaill House und Skara Brae.
Diese Steinzeitliche Siedlung wurde 1850 durch einen besonders starken Sturm am Strand des Gutes Skaill House freigelegt. Nach mehreren Ausgrabungen und wiederholten Schutzmaßnahmen gegen Sturm besucht man heute für 7,10 Pfund eine recht kleine Siedlung mit etlichen Räumen (acht). Der über einen Kilometer lange Strand von Skaill liegt direkt vor dem mit Betonwand geschützten Bereich.
Der Besuch in Skaill House ist im Eintrittspreis enthalten. Man wird in die Zeit vor 100 Jahren zurück versetzt und sieht etliche Räume mit Ausstellungsstücken.
Gewiss am beeindruckendsten für die meisten Besucher ist gewiss die Replik eines dieser Steinzeithäuser, in dem man zurück versetzt wird in die Zeit, als Lebensmittel meist noch lebend aufbewahrt wurden.
Klick Mill
Vom Skara Brae geht es über Dounby nach Redland. Hier befindet sich ein eisenzeitliches Fort (Broch of Gurness). Doch zuvor kann man im weiten, flachen Land vor der Ringstrasse A966 die Klick Mill besuchen (kleines, braunes Hinweisschild). Etwa 150m entfernt von der Strasse findet sich ein niedriges Steinhaus mit Erddach. Der Schlüssel steckt und so kann man sich die einfach konstruierte Mühle anschauen. Ein waagrechtes Paddelrad wurde von einem Bach angetrieben. Auf der gleichen Achse war der Mahlstein befestigt. Das Klickende Geräusch kommt von einem Knopf auf dem Rad, der regelmäßig den Auslass des Getreidetrichters rüttelte und so halbautomatisch das Korn nachrieseln ließ.
Broch of Gurness
Der Broch of Gurness liegt auf einer kleinen Halbinsel und kostet 5.50 Pfund Eintritt.
Die Anzahl an stehenden Steinen, die kleine Räume rund um den massiven Wehrturm in der Mitte bildeten, ist beeindruckend groß. Und die massive Bauweise des Steinturms mit seiner doppelten Wandung lässt erahnen, dass auch vor 2000 Jahren der Friedlichste nicht in Ruhe leben konnte, wenn er Nachbarn hatte.
Über die A699 dann wieder nach Marwick (dort könnte man eine Steilküstenwanderung machen oder übernachten) und weiter nach Skara Brae.
In Richtung Stromness biegt vor Voy die Stichstrasse nach Yesnaby ab. Sie ist in keinem Führer erwähnt und ist daher einsam. Die schmale Strasse führt durch ein weitoffenes Tal bis zur Steilküste. Direkt oben auf der kahlen Felsfläche kann man neben einer Flakbatterie aus der zweiten Weltkrieg (alte Häuser) parken. Die Sandsteinfelsen stürzen hier genau nach Westen wild zerklüftet senkrecht in die Tiefe und das Meer bricht sich in den Spalten und überhängenden Platten. Regelrecht eine Postkarten-Küste.
Folgt man der Küstenlinie etwa 700m nach links Richtung Stromness, erreicht man einen Felsturm vor der Küste. Er hat einen natürlichen Torbogen zu seinen Füssen und wird Castle of Yesnaby genannt.
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An diesem Abend suchte man mit großem Aufgebot an Polizei und Küstenwache und mit Unterstützung durch einen Hubschrauber die Gegend nach einem Vermissten ab. Aber nach Sonnenuntergang wird die Suche abgebrochen.
Wie sich später herausstellte, war niemand zu Schaden gekommen und die ganze Suche war nicht notwendig gewesen: der Gesuchte hatte nach etwas zu viel Alkohol bei Bekannten übernachtet und sein Wagen an der Klippe nicht mehr abgeholt.
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Stromness und Kirkwall
Stromness bei kühlem Morgenwetter ist sehr ruhig. Die South End Ness Road führt am Ufer entlang bis zum Campingplatz. Sie ist mit großen Steinplatten gelegt. Die grau verputzten, schmucklosen Häuser passen gewiss zu einem trüben, kalte Herbsttag So aber ist es sonnig. Durchaus lohnend ist ein Ausflug zum Friedhof an der Warebeth Road (Am Warebeth Beach hat man direkten Blick auf die imponierend hohen Klippen von Hoy. Der 479m hohe Ward Hill ist die mit Abstand höchste Erhebung der Orkneys. Der überall beworbene "Old Man of Hoy" ist allerdings nur vom Schiff aus zu sehen.). Er liegt weit ausserhalb inmitten grüner Wiesen. Man fährt von der Hillsideroad direkt auf den Friedhof und die dahinter liegend Insel Hoy zu. Dazwischen der schmale Streifen blauen Wassers - beeindruckend.
Von Stromness fährt man unweigerlich nach Kirkwall. Dieses ist mit 7.000 Einwohnern eindeutig die Hauptstadt der Inseln. Die St. Magnus Kirche beeindruckt durch ihre Größe, die kurze Fußgängerzone durch die Altstadt eher durch ihre Altertümlichkeit.
Mull Head, Italian Chapel, Tomb of Otter
Der Versuch, nochmals die Wanderung um Mull Head bei schönem Wetter zu machen geht leider schief. Nach nur anderthalb Kilometern zieht als dichte, weiße Wand Nebel vom Festland herüber. Innerhalb fünf Minuten ist kaum noch was von der Umgebung zu sehen.
30 Minuten braucht man von Mull zur südlichsten Spitze der Insel, wo man wählen kann zwischen den beiden Grabmälern der Otters und Eagels.
Auf halben Weg kann man an den Barrikaden an der Italian Chapel anhalten. Der Wellblechbau stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, als hier italienische Gefangene die Barrikaden aufbauten. Sie erschufen mit einfachen Mitteln ein sehr beeindruckendes Gebäude.
Um es vorweg zu nehmen: Der Tomb of Otters (wie vermutlich auch der Tomb of Eagles) ganz im Süden von Mainland ist eine sehr kleine Beerdigungsstätte. Maximal 4 Personen können kriechend in den kurzen Längsgang, von dem fünf Kammern abzweigen, die einst mit Knochen angefüllt waren. Die Fundstücke wurden alle entfernt und die Ganganlage von nur etwa 6m Länge zum Schutz der Strukturen wieder überdacht und mit Erde abgedeckt. Im nahegelegenen Bistro erhält man in einem Nebenraum eine ausführliche Beschreibung, wie es zu der Grabung kam. Rund 300 Jahre lang wurde die rund 5.000 Jahre alte Beerdigungsstätte genutzt. Mehr als 2.000 menschliche Knochen wurden gefunden.
Die 6 Pfund pro Person sind nur dann gut angelegtes Geld, wenn man sehr an so einer Fundstelle interessiert ist.
Die Fährlinie Pentland Ferries (Tel. 01856 831226) bringt einen dann 3-4 mal pro Tag wieder zurück in die Gills Bay, die etwa 5 Kilometer von John O´Groates entfernt liegt.