19.06.2011 Hammerfest
19.06.2011 Hammerfest
19.06.2011 Hammerfest
Es ist geradezu ein Wunder: Wieder weckt uns ein makelloser Himmel. Wir kriechen bald hervor aus unserem abgelegenen Eck in Dupvik und begeben uns auf die E6. Nun folgen etwa 80km Fahrt hinauf auf die knapp 400m hohe Vidda und wieder hinab.
Meist schnurgerade führt die Straße durch die oben dann baumlose Finnmark, die noch deutliche Spuren des Winters trägt. Alles ist morastig und noch braun-erdig. Große Rentierherden ziehen über die weite Fläche und beleben die ansonsten noch recht tote und kahle Hochfläche.
Die Wasser des breit dahin strömenden Repparfjordelva bringen uns durch zum Teil abgebrannte Birkenwälder wieder hinab zum Meer. Bei Skaidi biegen wir von der E6 ab und fahren nach Hammerfest (94; die Straßen sind nicht zu verfehlen, denn es gibt hier keine anderen). Noch rund 60km, dann stehen wir in der nördlichsten Stadt Europas.
Es geht am Reppardfjord entlang und dann mit der Kvalsund-Brücke hinüber auf die Insel Kvalöya. Nach 34km und Durchquerung der Vorstadt Rypefjord steht an einer Bergnase ein riesiger weißer Eisbär. Mit Sicherheit eines der meistfotografierten Orte Hammerfests mit schönem Blick auf den Hafen und die Stadt dahinter.
Da die Deutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges Nordnorwegen mit der Kriegstechnik der „verbrannten Erde“ verließen, mußten alle Städte und Dörfer nach dem Krieg komplett neu aufgebaut werden. Das sieht man Hammerfest mit seinen 10.000 Einwohnern erfreulicherweise nicht an. Wie überall in Norwegen reihen sich hier bunte Holzhäuser aneinander, klammern sich an die Hänge um die Bucht und ergeben einen unerwartet angenehmen Gesamteindruck. Das hatten wir so nicht erwartet.
Die Sonne scheint und man kann leicht mit kurzen Ärmeln einen kleinen Stadtbummel machen. Allerdings: Es ist Sonntag und die Stadt wirkt wie ausgestorben. Am Hafen gibt es einen kleinen Kinderspielplatz, einen ganz hübschen Brunnen und eine kleine, offene Halle in einem ebenso kleinen Park neben dem Gebäude des Königlichen Eisbärenclubs (Sonntags geschlossen). Der Industriehafen gefällt, wer Hochseefischfang-Technik mag. Heute liegt neben einem Kriegsschiff der Küstenwache auch ein U-Boot am Kai. Wir können es genau in Augenschein nehmen – fragen, ob wir mal rein dürfen, trauen wir uns allerdings nicht.
Die Meridiansäule auf 70° 40´11´´ erinnert an die Zusammenarbeit zwischen Schweden, Russland und Nordwegen, die in den Jahren 1816-1852 durch geodätische Messung eine Aussage über die Abplattung der Erde an den Polen machen sollte. Einen kurzen Besuch lohnend, wenn auch in einem nicht so anregenden Umfeld.
Über den sogenannten „Touristvegen“ gelangen wir zu guter Letzt noch auf den 85m hohen Aussichtsberg Salen über Hammerfest. Diese Auffahrt lohnt sich auf jeden Fall, ist aber reichlich versteckt (Richtung Campingplatz, dann aber abbiegen).
Man hat einen schönen Überblick über die Stadt bis hinüber zu der 2008 in Betrieb genommenen Erdgasverflüssigungsanlage von Statoil (größte Europas, überwiegend deutsche Technik).
Übrigens geht in Hammerfest vom 19. Mai bis 26. Juli die Sonne nicht unter – allerdings kann man bei 200 Regentagen dennoch von Glück reden, wenn man die Stadt an einem so klaren Sommertag erleben darf.
Wir müssen leider wieder nach Süden zurück. Alleine nach Narvik sind es weit über 600km – E6-Kilometer!
Kurz hinter Rypefjord kommt uns ein Niederländer mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit entgegen und schleudert auf einem Schotterstück Steine auf die Frontscheibe: „Knall“ macht es und die Scheibe hat einen dicken Schaden. Vielen Dank an den wie irre weiterrasenden 49 VV XB. Mögen ihn fünf Blitzanlagen erwischen!
Wir eilen die 93 und dann die E6 über die kahle Hochfläche wieder zurück Richtung Alta. Nun ziehen denn doch erst Wölkchen und dann eine geschlossene Wolkendecke auf.
In Alta können wir noch nach Kassenschluß (leider mußte ich auch noch fragen und bezahle daher doch noch den „vergünstigten Preis“ von 85 NOK - pro Person normalerweise) die Helleristlinger besuchen. Sie liegen im Ortsteil Bossekop an der südlichen Einfahrt der E6 nach Alta (ausgeschildert).
Über einen fast durchgehenden Holzsteg geht es 4km durch die Bucht. Immer wieder sind die flachgeschliffenen Felsbuckel akribisch freigelegt und zeigen Steinritzungen, die mit roter Farbe unterlegt sind.
Na gut, einige der Ritzungen sind eindeutig auf Menschenhand zurück zu führen – doch es bedarf schon reichlicher Phantasie, um all die vielen kleinen und großen Symbole zu sehen.
Der Spaziergang alleine ist es aber schon wert, ihn zu unternehmen. Einzig die Schnaken verderben uns in der Windstille den Spaß gänzlich.
Na gut, besucht haben muß man sie mal haben – aber…..
Wir eilen weiter nach Süden, nun unter einer geschlossenen Wolkendecke. Irgendwie läßt sich kein unbesetzter Nachtplatz finden. Die E6 ist schnurgerade ausgebaut entlang des Langfjordes. Man darf 90km/h fahren und alle kurzen Abzweige führen zu Hütten und Häusern.
Eine sehr steile Auffahrt mit sehr viel losem Geröll quälen wir uns hinauf, nur um festzustellen, daß auch hier ein Haus steht. Schließlich finden wir unterhalb des Parkplatzes an der E6 in Intre Kjeringsdal einen schönen Platz direkt am Fjord. Leider stellt sich kein Abendrot ein, denn die Wolken lassen der Sonne keine Chance. Es wird zum ersten Mal seit 10 Tagen wieder dunkel abends.