10.07.2009 Bletterbach-Schlucht im Geopark
Millionen Jahre Erdgeschichte an einem Tag – der Tiroler Canyon
Die Nacht hat es geschüttet. Noch am Morgen tropfen die Bäume. Wir sind noch etwas erschlagen von der gestrigen Tour. Aber wir freuen uns auch auf die heutige Wanderung.
Leider ist der Himmel bedeckt, was – da wir schon mal hier waren – nicht besonders gut ist für die Fotografie vielfarbigen Gesteinsformationen im Canyon.
Vom Zirmerhof (1552 m) aus (kleiner Parkplatz vor der Einfahrt zu dem 3-Sterne Hotel) wandern wir der 3 folgend in Richtung Bletterbach/Taubenleck.
Der Baumbestand um den Zirmerhof ist sehr schön (z.T. uralte Lärchen). An Rindern und Pferden vorbei erreichen wir den Waldweg, der bald zu einem Waldpfad wird. Es quillt überall Wasser aus dem Boden, der Weg ist gelegentlich schlammig. Aber dafür ist die Vegetation auch üppig.
Nach etwa einem Kilometer senkt sich der Weg bergab. Nun geht es steiler und steiler bergab. Zuletzt windet sich der Pfad schon nahe am Rand der Schlucht entlang, bis es in einem brüchigen Felseck an einem kurzen Stahlseil hinab zu einer Stahltreppe geht. Noch wenige Meter unter einer senkrechten, glatten Felswand entlang, dann steht man am sogenannten Taubenleck. Der Name leitet sich von den Bergwerkslöchern ab, die vor einigen Hundert Jahren angelegt wurden und hier nur taubes Gestein zu Tage förderten. Weiter oben daher auch die Knappenlöcher.
Das Taubenleck (1426 m) ist einer von zwei Punkten, an denen sich die Abstiege von der Lahner Alm (Aldein) und von Radein treffen. Zwischen senkrechten Porphyr-Wänden rauscht der nicht allzu große Bletterbach durch sein Geröllbett.
Charakteristisch hier der Rotton der Felsen. Darüber die grünen Tannen und dann der blaue Himmel. Das wäre die ideale Kombination – leider fehlt der blaue Himmel gänzlich.
Wir steigen in Richtung Talanfang auf. Das ist ein fast waagrechter Gang über grobes und feines Geschiebe. Da wir die Tour bereits mehrmals gemacht haben, sind wir erstaunt über die Menge Geröll, die hier dieses Mal zwischen den nur etwa 10 m voneinander entfernten Felswänden aufgetürmt liegt. Tief hat sich der Bach schon wieder eingegraben.
Diese Stelle kurz nach dem Taubenleck und dem ersten, kleinen Wasserfall ist wirklich beeindruckend.
In den relativ weichen Sandstein der Wasserfallstufe hat sich das Wasser seinen Weg bereits eingekerbt. Dennoch fällt das Wasser sehr schön die etwa drei Meter herab. Ein kleiner Felssteig führt hinauf auf die nächste, nahezu waagrechte Ebene des Bachbettes.
Nun ist die Bletterbachschlucht breiter. Bunte Felsbänder türmen sich bis zu fast 200 m über dem Talgrund auf. Entstanden ist diese Farbenpracht durch langsames Ablagern unterschiedlicher Gesteinsmehle und nachfolgender Verdichtung und Gesteinsbildung.
Die Kehre nach dem kleinen Anstieg zu einem Lavagang ist die farblich prächtigste. Ein ganzes Ecke ist völlig frei von Vegetation und zeigt sehr plastisch die verschiedenen Gesteinslagen.
Dann gelangt man zu der ehemaligen Attraktion der Rundtour. An einer etwa 40m hohen Steilstufe im sogenannten Butterloch führten zwei Treppen hinauf. Die Konstruktion war gewagt, führte sie doch auf einen exponierten Felsvorsprung.
Leider ist das Ganze durch einen Bergrutsch in diesem Jahr zerstört worden. Es gibt derzeit keine Möglichkeit, die Schlucht weiter als bis hierher zu begehen.
Da hilft es auch nichts, dass tatsächlich für wenige Momente die Sonne scheint und den Wasserfall beleuchtet. Durch den intensiven Regen der vergangenen Nacht ist das Wasser sandig-braun gefärbt.
Wir drehen um und folgen nach etwa 300 m links dem Waldpfad zum Taubenleck. Dadurch kommen wir etwas aus der Schlucht heraus, haben aber spannende Tiefblicke an den beiden Bachbettquerungen hinunter in die Schlucht!
Wir machen Mittagspause auf einer Bank an einer Felsnase etwas oberhalb der Wegkreuzung.
Wir wollen noch nicht wieder zurück nach Radein. Daher beschließen wir, wieder zum Taubenleck abzusteigen und gegenüber wieder aufzusteigen. Man sieht von unserem Abstieg aus den steilen Aufstieg durch die rötliche Wand. Und da der Weg von der Lahner Alm deutlich kürzer ist wie von Radein aus, strömen von dort auch viele Menschen in die Schlucht.
Es sind nur etwa 20 Schritte, dann ist man auf der anderen Schluchtseite und steigt steil auf. Auch hier gibt es Stahlstufen als Hilfe, denn der Hang ist instabil.
Kurz darauf wird der Weg viel breiter. Bevor der breite Weg einen kleinen Bach überquer, steigt rechts ein Pfad den Hang hinauf. Auf ihm sind es etwa 15 Minuten bis zur Lahner Alm. Immer in der Nähe des Bach bleibend kommt man zu einer Fahrstraße, die nach rechts (G, Gorzsteig) leicht bergan führt.
Wir folgend dieser Straße und wollen oberhalb der zerstörten Treppen wieder in das Bletterbachtal einsteigen.
Nach etwa 500 m erreichen wir einen hervorragenden Aussichtspunkt. Hier hat man einmal die gesamte Höhe der Schichtenfolge vor sich. Fern unten der Talboden, darüber die verschiedenen roten und grauen Schichten. Und ganz oben auf die weißen Dolomit-Lagen.
Gegenüber erkennt man eines der Schilder, die hier aufgestellt sind und eine Bank. Dies ist unser nächstes Ziel.
Doch dazu müssen wir erst einmal am Flascher Brünnle vorbei der 4 / dem E5 folgend steil hinab. Der Abstieg ist nicht allzu lang, denn nun befinden wir uns ja oberhalb der Steilstufe (1554 m).
Auch hier ist deutlich die Zerstörung durch den Hangabrutsch zu erkennen. Zwar ist der Weg neu gemacht, aber die Treppen hinab fehlen.
Wir steigen dem E5 folgend direkt gegenüber wieder auf.
Das ist ein steiler, lang anhaltender Aufstieg auf schmalem Pfädchen. Doch irgendwann knickt der Weg in die Waagrechte ab. Man befindet sich nun weit oberhalb der gegenüberliegenden Schluchtkante und im Bereich des weißen Dolomit. Auch hier sind deutliche Spuren einer beginnenden Hangsenkung zu erkennen (Risse im Weg).
Hat man die Bank und das Schild (etwa 1720 m) erreicht, hat´s ein Ende mit den Anstiegen. Schöner Ausblick in die Schlucht hinunter und den gewaltigen Schutttrichter vor einem.
Der Abstieg zum Zirmerhof erfolgt auf kleinen Forststraßen mit zum Teil grobem Geröll. Aber es geht moderat bergab, so dass dies nicht sehr stört. Wieder wandern wir durch einen herrlichen alten Waldbestand mit riesigen Lärchen. Vor lauter Gatter, die man quert, weiß man bald nicht mehr, ob man innerhalb oder außerhalb der Viehweiden ist.
Erst der 4 und dann immer der 7 folgend (Richtung Zirmerhof) erreichen wir nach etwa 2 km wieder den Zirmerhof. Ein paar laute Gewitterschläge haben unsere Schritte beschleunigt, denn schließlich wollen wir nach dem anstrengenden Auf und Ab nicht auch noch nass werden.
Es sind nur 3 km bis zu unserem Nachtplatz. Dunkel droht die Gewitterwolke über der markant gelegenen Dorfkirche, als es langsam anfängt zu regnen.
Die Tour ist normalerweise als Rundweg zu begehen. Von der Lahner Alm aus ist es in etwa 1,5 Stunden möglich, die interessantesten Stellen der Bletterbachschlucht zu besuchen. Wir bevorzugen den längeren Anweg von Radein aus, da er einen besser auf diesen „Grand Canyon“ einstimmt.
So oder so bleibt die Möglichkeit zu einem Rundweg versperrt, solange die Treppen nicht repariert sind. Bei den zu erwartenden Kosten dauert das ggf. noch etwas (www.bletterbach.info).
Einzige Möglichkeit ist der Durchstieg am Taubenleck und dann zurück am Butterloch.
Doch das waren 640 Höhenmeter und rund 12 km Wegstrecke.
Erweitern kann man die Wanderungen durch eine Besteigung des Weißhorn, was die ganze Tour dann aber über die 1000 Höhenmeter-Grenze treibt. Wir hatten den ganzen Tag Wolken um das Weißhorn, so dass für uns diese Frage sich gar nicht erst stellte.
Heute war der letzte Tag dieses Sommerurlaubes. Insgesamt war es viel zu kühl und unbeständig. Wir haben über 10.000 Höhenmeter Anstieg und 200 km Wanderstrecke hinter uns. Von den geplanten Touren haben wir aber nur ein Drittel gemacht. Wir müssen also nochmals wiederkommen.