Rye bei Eastbourne
Die Nacht ist extrem stürmisch und Regen peitscht über das flache Land. Wie kleine Hagelkörner prallen sie auf das Blech des Wohnmobils.
Grau in Grau der Morgen, wild aufgewühlt das Meer. Das nächste Dorf nur schemenhaft im Dunst zu sehen.
Rye ist ein kleines Städtchen am Fluss River Tillingham.
Im Jahre 1377 wurde es von den Franzosen fast vollständig zerstört: Schicksal einer Küstenstadt. Die Turmuhr in der großen Steinkirche wurde 1590 gebaut und ist die älteste in Grossbritannien. Die Ruinen von Ypres Castle stammen von einer Befestigung aus dem 13. Jahrhundert, diente aber ab 1590 als Gefängnis.
In der Altstadt auf dem Hügel sind die Strassen mit großen Kieselsteinen gepflastert. Bei Regen sind die rutschig und keinesfalls für Stöckelschuhe geeignet.
Etwas Besonderes ist der langgestreckte Hafen. Bei Ebbe liegen die vielen Segelboote und Fischkutter auf dicken Sandbänken, während sich das Bett des Flusses bei Flut bis zum Rand füllt. Zwei Mal überquert man beim Durchfahren von Rye Richtung Rye Harbour den Fluss und hat dabei die Gelegenheit, sich von diesem Schauspiel zu überzeugen. Am besten vor und nach der Wanderung durch das Nature Reserve von Rye Harbour.
Durch das Austrocknen des Hafenbeckens und den weitern Rückgang des Meeresniveaus liegt Rye heute 3,2km vom Meer entfernt. Doch folgt man der Strasse nach Rye Harbour, so gelangt man am Campingplatz recht nah an das Meer heran. Ein großer Parkplatz zeigt, wie viel hier an Sommertagen los sein kann.
Ein betonierter Weg führt etwa einen Kilometer bis zum Ende des Kanals, der hier den Kuttern das Ausfahren auf die See ermöglicht.
Dicke Kiesbänke umgeben die Strasse mit allerlei Pflanzen und Blumen. Doch man sieht es dem Küstenstreifen an: Hier überleben nur diejenigen, die sich im lockeren Geröll zu halten wissen.
Über einen dicken Wall aus Kieseln gelangt man an Meer. Etwa 3-6 Meter geht es hinab, dann steht man am Rand des Wassers. Je nachdem, ob gerade Ebbe oder Flut ist.
Heute ist es sehr stürmisch. Im Landesinneren sieht man dunkle Regenwolken ihre schwere Last abladen. Doch hier vorne bläst der Sturm alles weg und immer wieder blinzelt die Sonne herab. Dann taucht sie den Uferstreifen in einen gleißenden Schein, der von den den feinen Salzkristallen in der Luft erzeugt wird. Krachend brechen sich die Wellen am gestuften Ufer, zerstäubt wild das braune Wasser. Der Wind reist die Schaumkronen mit sich.
Hell klingen die aneinander reibenden Kieselsteine, wenn sich das Wasser nach einem Brecher wieder zurück zieht.
Eine geschützt liegende Bucht kann per Beobachtungshäuschen observiert werden. Nur wenige Meter von den Vögeln entfernt kann man aus dem geschützten Inneren der Hütte das Treiben beobachten.
Bei dem ehemaligen Liveboat-Haus kann man über eine Querpfad zurück kehren Richtung Harbour. Nach rund 6km erreicht man dann wieder die alte Festung am Parkplatz.
Da es überall Karten gibt und außerdem die Landschaft sehr übersichtlich ist, kann man sich kaum verlaufen.
Eine Wanderung für Brandungsfreunde und vor allem Vogelbeobachter - oder einfach mal zum Ausspannen.